Der Bachelor reicht nicht / Studie des Instituts Hommerich untersucht Berufsbefähigung von Hochschulabsolventen

Eine repräsentative Befragung niedersächsischer Architekten, Innen-, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner sowie ihrer jungen Beschäftigten zeigt, dass das sechssemestrige Bachelorstudium allein nicht ausreichend für die generalistisch geprägte Tätigkeit im Architekturbüro qualifiziert. Das sehen übereinstimmend Arbeitgeber und die Betroffenen selbst so. Mehrheitlich streben die Bachelorabsolventen daher die Aufnahme eines aufbauenden Masterstudiums an. Das sind die eindeutigen Ergebnisse einer Befragung des Instituts Hommerich Forschung, an der sich mehr als 300 Architekturbüros und Absolventen beteiligten und deren Ergebnisse am 16. Juli in Hannover vorgestellt wurden.

Wolfgang Schneider, Präsident der Architektenkammer Niedersachsen, betonte im Rahmen der Vorstandssitzung der Kammer: „Der Eindruck, dass das Bachelorstudium nicht ausreichend ist, bestand schon immer, hat sich jetzt aber durch die Befragung erhärtet. Die Architektenkammer fordert daher von der Landesregierung, mehr Masterstudienplätze im Bereich der Architektur zur Verfügung zu stellen, um die Qualifikation des Berufsstandes auf ein hohem Niveau zu halten. Dies ist nicht zuletzt direkter Verbraucherschutz.“

Für die Absolventen ist eine Beschäftigung nach dem Bachelorstudium zumeist nur eine Durchgangsstation. Die Studie zeigt jedoch, dass längst nicht alle Bachelorabsolventen den gewünschten Masterstudienplatz erhalten.

„Bachelorabsolventen werden in den Büros in praktikantenähnlichen Verhältnissen beschäftigt und sind leider auch nicht für umfassendere Tätigkeiten qualifiziert. Berufsbefähigend ist der Bachelor in unserem Metier damit definitiv nicht“, so Schneider.

Die im Unterschied zu Master- und Diplomstudiengängen wahrgenommenen Defizite des Bachelorstudiums betrafen aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmersicht gleichermaßen zentrale Bereiche wie Baukonstruktion, Entwerfen und Baubetrieb.

Für die Architektenkammer steht damit fest, dass wie beim Lehramtsstudium die Durchlässigkeit vom Bachelor- zum Masterstudium zukünftig zugesichert werden muss. Es könne nicht das Ziel des Bologna-Prozesses gewesen sein, mehr junge Menschen akademisch auszubilden, sie dann mit unvollständigen Qualifikationen auf den Arbeitsmarkt zu entlassen und den Arbeitgebern den Rest der Ausbildung zu überlassen, betonte der Kammervorstand.

DIE ERGEBNISSE DER STUDIE IM ÜBERBLICK

Fehlende fachliche Qualifikation
Bachelor-Absolventen verfügen über weniger Grundlagenwissen sowie berufspraktische Fähig- und Fertigkeiten. Signifikante Defizite der Bachelorausbildung wurden sowohl von Arbeitgebern als auch den Berufsanfängern in den Bereichen Baukonstruktion, Baubetrieb und Entwurf genannt. So wurden Defizite in der Entwurfskompetenz bei 43 % der Bachelorabsolventen bemängelt, bei Masterabsolventen betrug diese Quote hingegen nur 17 %. Die Befragungsergebnisse zeigen kein Tätigkeitsprofil, für das sich Bachelorabsolventen als besonders qualifiziert oder geeignet erwiesen haben.

Fehlende persönliche Qualifikation
Bachelorabsolventen sind seltener in der Lage, Aufgabenstellungen selbstständig zu identifizieren und eigenständig zu bearbeiten. Darüber hinaus haben sie selbst seltener den Anspruch, sich diese Fähigkeiten anzueignen. Insbesondere in kleinen Architekturbüros mit weniger als 5 tätigen Personen, die 75 % der niedersächsischen Büros bilden, gibt es für die Bachelorabsolventen kaum eine Chance, die in sie gesteckten Erwartungen zu erfüllen.

Unbefriedigende Arbeitsverhältnisse
Bachelorabsolventen müssen sich deutlich häufiger bewerben, um eine Stelle zu finden. Im arithmetischen Mittel waren 9,8 Bewer-bungen erforderlich, bei Diplomabsolventen lag diese Quote fast ein Drittel niedriger. Im Ergebnis werden Bachelorabsolventen häufiger mit Aushilfstätigkeiten und Zuarbeit betraut und eher befristet und ohne Langzeitperspektive eingestellt. Wohl aus diesem Grund werden sie nicht in der gleichen Art und Weise wie Master- oder Diplomabsolventen eingearbeitet. Mit 24 % gaben immerhin dreimal so viele Bachelorabsolventen wie Masterabsolventen an, nicht eingearbeitet worden zu sein. Signifikant häufiger als andere Absolventen bezeichnen sie ihre aktuelle Tätigkeit als Übergangslösung und setzen auf weitere Qualifizierungsmaßnah-men, insbesondere ein Masterstudium. Weniger als ein Drittel der befragten Bachelorabsolventen beabsichtigt, kein weiteres Studium anzuschließen. Ein Drittel der Bachelorabsolventen gab hingegen an, nur berufstätig zu sein, weil der gewünschte Masterstudienplatz nicht verfügbar war.

 

Ansprechpartner für Rückfragen
Dr. Mathias Meyer
Hauptgeschäftsführer
Architektenkammer Niedersachsen
Tel. 0511 28096-25
mathias.meyer(at)aknds.de
Bericht_Befragung_Büroinhaber_Berufseinsteiger_AKNDS.pdf