Messen: Inspiration und Information – Fünf Perspektiven

Für den einen sind es feste Termine im Kalender, für den anderen Zufallsbegegnungen: Messebesuche. Deutsche Messeveranstalter erwirtschaften jährlich Milliardenbeträge und Messen sind als Ausstellungs- und Kommunikationsplattform auch in unserer Branche nicht mehr wegzudenken. Innovatives wird entdeckt, Inspirationen und Information gesucht und auch das eine oder andere Geschäft abgeschlossen. Ob Messen im Arbeitsalltag unverzichtbar sind, wird jeder einzelne unterschiedlich beantworten. Wir haben für Ihre persönliche Antwortfindung unterschiedliche Perspektiven zusammengestellt. Klar ist: Eine moderne Messe muss unterschiedlichte Events und Aktivitäten anbieten, um vielbeschäftige Innenarchitektinnen und Innenarchitekten aus ihren Büros zu locken.

„Ich will mich schnell über Neuheiten informieren können.“
BDIA Innenarchitektin Veronika Kammerer | studio lot, Altötting

Obwohl ich eigentlich kein großer Fan von Messen bin, war ich tatsächlich innerhalb kurzer Zeit auf zwei dieser Großveranstaltungen: zum einen im Oktober auf der ORGATEC in Köln und nun im Januar auf der BAU in München. Dabei geht für mich die wesentlich familiärere und Innenraum-orientierte ORGATEC als klarer Sieger hervor: Tolle Messestände, originelle Produkte und interessante Veranstaltungen haben mich begeistert. Auf der Bau hingegen, wurde ich vom Ausmaß und Angebot an Ausstellern schier erschlagen. Positiv habe ich die sehr interessanten Vorträge und Beiträge in den Architekturforen erlebt. Ansonsten blieben leider vor allem die omnipräsenten, sogenannten „Designbeläge“ (Kunststoffböden in Holzoptik) haften, die mir beinahe körperliches Unwohlsein beschert haben.

Auf alle Fälle sind Messen ein zukunftsfähiges Format. Wo sonst kann man sich so einfach und schnell über die Produkte und Neuheiten informieren? Gerade in der Innenarchitektur ist es wichtig, ein Möbel auszuprobieren, Materialien in die Hand zu nehmen, die Lichtwirkung einer Leuchte zu erleben oder Farben „live“ wahrzunehmen.

Das anstrengende dabei ist, die interessanten Aussteller aus all der Vielzahl an Anbietern herauszufinden. Vielleicht könnte man zum Beispiel auf der BAU versuchen, die Aussteller auch nach gestalterischen Gesichtspunkten zusammen zu fassen?

In diesem Jahr steht noch die Mailänder Möbelmesse im April fest in meinem Kalender.
Dort kommt neben den interessanten internationalen Ausstellern, die gut gebündelt zu finden sind natürlich auch die italienische Lebensart dazu, die diesen Messebesuch in einem Kurzurlaub verwandelt. (1630)

„Messen brauchen klare Zielgruppen, klare Botschaften. “
Arndt Papenfuß, Bereichsleiter Marketing, Kaldewei, Ahlen

Das wichtigste auf einer Messe ist für uns als ausstellendes Unternehmen: Priorisierung der wichtigsten Themen und Fokussierung auf die wichtigsten Inhalte. Die Besucher kommen zu uns, weil sie sich über aktuelle Neuheiten informieren möchten. Trends, Produktinnovationen und neue Lösungen stehen im Vordergrund. Da das Fachpublikum in der Regel nur ein begrenztes Zeitfenster hat, erwartet es Informationen, die auf den Punkt kommen, die sich auf das Wesentliche konzentrieren und sich nicht in Details verlieren. Das Messekonzept soll die Fachbesucher ansprechen, neugierig machen und klare Botschaften aussenden. Die Produkte müssen für das Publikum mit allen Sinnen erlebbar sein. Nur wenn sich der Besucher am Ende eines langen Messetages an Kaldewei erinnert, war das Konzept erfolgreich. Die ISH Frankfurt ist für uns dabei die wichtigste Messe der gesamten Sanitär-Branche und gilt unbestritten als die Leitmesse, auch im internationalen Kontext.

Messen und Ausstellungen sind ein wichtiger Bestandteil des Marketing-Mix eines Unternehmens. Es gilt, die Vorteile einer Messe mit den anderen Möglichkeiten des direkten Kundendialogs, sei es digital und durch den persönliche Nachbearbeitung des Vertriebs, konsequent zu verbinden. In Zukunft werden diejenigen Messen erfolgreich sein, die ihre Zielgruppen klar definieren, Themenschwerpunkte setzen und sich auf Dauer als echte Neuheitenmesse etablieren.

„Speeddating zeigt, was Innenarchitekten tun.“
BDIA Innenarchitektin Martina Lorbach, Seitenansicht, Köln

Für den BDIA Nordrhein-Westfalen haben wir ein kleines flexibles Format entwickelt, mit dem wir im Laufe der letzten Jahre erfolgreich über mehrere Messen getourt sind: dem Innenarchitekten-Speeddating.

Klassisch aufgereiht am langen Tisch stehen mehrere Kolleginnen und Kollegen den neugierig Interessierten zur Verfügung und beantworten Fragen zu kleinen und großen innenarchitektonischen Problemen. Für die Messebesucher als potentielle Bauherren passte dieses unverbindliche Set-up perfekt, um Schwellenängste gegenüber Innenarchitekten abzubauen und die schnelle Art der Kommunikation kam der messeüblichen Zeitknappheit ebenfalls entgegen. Alle Fragen waren erlaubt: Gibt es für mein räumliches Problem eine innenarchitektonische Lösung? Was kommt auf mich zu? Was kostet das? Die Kolleginnen und Kollegen konnten auch innerhalb kürzester Zeit überzeugen, dass es sich immer lohnt, fachliche Kompetenz zu suchen.

Ein erfolgreiches und für die Messebesucher sehr anregendes und abwechslungsreiches Speeddating ist natürlich kein Garant für konkrete Aufträge. Aber Vorurteile gegenüber unserem Berufstand können definitiv abgebaut werden, wenn man in wenigen Minuten aufzeigen kann, wie viel räumliches Potenzial durch Innenarchitektur genutzt werden kann.

„Durch den Dialog mit Interessierten werden Messen zu einer erstklassige Plattform.“
BDIA Innenarchitekt Jürgen Bahls, Vorsitzender BDIA Landesverband Bayern

Der Landesverband Bayern stärkt seit vielen Jahren durch vielfältige Messeaktivitäten Kontakte zu potenziellen Auftraggebern, zu Sponsoren, zu Hochschulen und Studierenden, zu Verbänden, Messegesellschaften – und natürlich zu den eigenen Mitgliedern. Durch diese breit angelegte Perspektive wirkt eine Messe in unterschiedlichste Bereiche und ist ein wichtiger Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit des Landesverbands. Auf der Publikumsmesse Consumenta in Nürnberg ist der BDIA Messestand inklusive Ausstellung mittlerweile zu einer festen Größe geworden, um interessierte Messebesucher für den Beruf des Innenarchitekten zu begeistern. Auf der für unsere Region wichtigsten Fachmesse, der BAU in München vermitteln wir unsere Kompetenz über Vortragsveranstaltungen und Diskussionsrunden. Auch die HOGA, Fachmesse für Hotel und Gastronomie in Nürnberg bespielen wir mit Handbuchausstellung und eigenem BDIA Stand, im letzten Jahr erstmalig bereichert durch einen Wettbewerb unter Studierenden zum Kernthema der Messe „Essen, Trinken, Schlafen“. Auch die Internationale Handwerksmesse ist eine wichtige Plattform, um potentielle Auftraggeber und Planungspartner zu treffen. Der dort jurierte Wettbewerb „geplant + ausgeführt“ zeigte, wie entscheidend die Umsetzung für die Qualität des geplanten Projekts ist.

All diese Aktivitäten auf Messen sind durch den Dialog mit Interessierten eine erstklassige Plattform, um das Leistungsbild und die umfassende Kompetenz von Innenarchitektinnen und Innenarchitekten in die Öffentlichkeit zu bringen.

„Im Fokus steht immer die Verknüpfung von Business und Event“
Katharina C. Hamma, Geschäftsführerin der Kölnmesse

Innenarchitekten und Planer sind für unsere Messen eine sehr wichtige Klientel, besonders für die imm cologne, die interzum, die ORGATEC oder die aquanale. Schließlich machen sie nicht nur die Objektplanung, sondern haben einen entscheidenden Anteil daran, welche Produkte oder Materialien bei Bau- und Einrichtungsvorhaben verwendet werden. Wir beziehen diese Zielgruppe aktiv mit ein, nutzen alle entscheidenden Kommunikationskanäle und schaffen stets neue Angebote auf unseren Veranstaltungen.

Kreativität und proaktives Denken sind wichtig, damit wir viel beschäftige Planerinnen und Planer erreichen können. Innenarchitekten finden auf unseren Messen speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Informationsflächen oder Spezialbereiche mit echtem Mehrwert. Wir präsentieren dabei die besten Ideen der Branche und zeichnen diese auch aus: Ein Publikumsmagnet der imm ist stets die Cologne Design Night mit Verleihung des renommierten „Interior Innovation Award“. Die besten Nachwuchsdesigner messen sich auf der imm beim „Pure Talents Contest“. Zur kommenden interzum verleihen wir in Zusammenarbeit mit Red Dot erneut den Award „intelligent material & design 2015“. Und ein Highlight der letzten Orgatec war die Verleihung des Deutschen Innenarchitekturpreises 2014.

Im Rahmen der Messen bieten wir zudem zahlreiche Weiterbildungsangebote, die von den Architektenkammern auch offiziell anerkannt werden. Wir entwickeln unsere bestehenden Veranstaltungen stets weiter und sind neuen Messethemen offen gegenüber.

Für die Zukunft stehen immer die Verknüpfung von Business und Event im Fokus – auf nationaler wie auf internationaler Ebene. Wir entwickeln kontinuierlich neue Messeformate mit klaren Themen wie die LivingKitchen oder die LivingInteriors, die zeitgleich mit der imm stattfinden. International gesehen haben wir mit der China International Kitchen and Bathroom Expo (CIKB) in Shanghai die Themen Küchen und Einrichtung auch erfolgreich im asiatischen Markt platziert.

Erschienen in der AIT 3/2015