Masterstudium in London, Auftrag in Paris!

Elke Kaiser ist ehrenamtliche Geschäftsführerin des European Council of Interior Architects ECIA

von Elke Kaiser. Ja, es ist möglich einen Innenarchitektur-Studiengang im europäischen Ausland zu absolvieren, der in Deutschland vollumfänglich anerkannt wird – wenn er richtig ausgewählt wurde. Ja, ein Innenarchitekt kann einen Auftrag problemlos in Europa ausführen, gut beraten von einem Berufskollegen vor Ort. Wie das alles möglich ist?

Unter anderem durch die Arbeit des European Council of Interior Architects ECIA, dem Europäischen Innenarchitektenverband. Der ECIA hat zum Beispiel die European Charter of Interior Architecture Training erarbeitet, die ein qualitätvolles Mindestlevel für die Ausbildung in der Innenarchitektur festlegt. Eine weitere Kernaufgabe des ECIA ist es, gemeinsame Standards der nationalen Innenachitektenverbände in Europa für eine niveauvolle Berufsausübung zu definieren und zu sichern. Der ECIA pflegt Kontakte zur Europäischen Kommission, um sich bei Gesetzesinitiativen und Novellierungen einzubringen. Immer mehr Regelungen, die auch die Ausbildung und Berufsausübung betreffen, werden von innerhalb der Europäischen Union erarbeitet und entschieden – um dann national „nur noch“ umgesetzt zu werden. Somit ist die Lobbyarbeit auf europäischer Ebene von entscheidender Bedeutung.

Die derzeitigen umfangreichen Deregulierungsbestrebungen der Europäischen Kommission für einen einfachen Marktzugang innerhalb der verschiedenen europäischen Ländern, betreffen die freien Berufe in Deutschland auf allen Ebenen. Für unseren Bereich sind es beispielsweise die Ausbildung einschließlich Berufspraxis, die Haftung und damit verbunden die Berufshaftpflichtversicherung oder auch das Bauvorlagerecht.

Mit Deregulierung konkret umgehen!

Der ECIA ist ein offiziell registrierter europäischer Verein und beim Europäischen Parlament akkreditiert. Oft unterstützt er seine nationalen Mitgliedsorganisationen bei Gesetzesnovellierungen im eigenen Land. Seine Stimme wird von Regierungen und Ministerien wahrgenommen, zumal er argumentativ den Vergleich zu anderen Ländern einbringen kann, um die Qualität der Berufsausübung in dem betroffenen Land zu heben oder zu sichern. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist der Titelschutz der Innenarchitektinnen und Innenarchitekten in den Niederlanden. Aufgrund der Deregulierungs- und Transparenzinitiative der EU stellt das zuständige niederländische Ministerium plötzlich diesen Titel in Frage und hat dazu eine wissenschaftliche Studie mit europäischem Bezug beauftragt. Der ECIA setzt sich hier intensiv mit dem holländischen Berufsverband ein – Ausgang noch ungewiss. Da nur wenige Länder den Titelschutz für Innenarchitekten wie zum Beispiel Deutschland verankert haben, könnten diese schnell in den Sog der niederländischen Fragestellung geraten. Das muss verhindert werden.  Hier zeigt sich einmal mehr die Bedeutung der europäischen Vernetzung, die auf politischer Ebene in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Somit müssen auch die Berufsstände über adäquate Informationen verfügen. Hier ist der ECIA tätig, eruiert und vergleicht die berufliche Situation in den einzelnen Ländern und versucht, zuverlässiges Datenmaterial zu erfassen.

Selbstverpflichtung als gemeinsame Grundlage

Neben dieser mühsamen politischen Arbeit auf der legislativen Ebene setzt der ECIA auch auf die sogenannte Selbstverpflichtung. Das heißt, der ECIA entwickelt mit seinen Mitgliedern gemeinsame Dokumente zur Ausbildung und Berufsausübung, zu deren Einhaltung diese sich verpflichten. Diese Vorgehensweise garantiert ein qualitätsbezogenes Mindestniveau, ohne auf äußere Faktoren wie langwierige Gesetzesänderungen in den einzelnen Ländern oder gar der EU angewiesen zu sein. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Ausbildung. Das ECIA Anerkennungsverfahren für Studiengänge der Innenarchitektur wird aktuell auf den Prüfstand gestellt. Gearbeitet wird auch an einer Liste von Studiengängen der Innenarchitektur in Europa, da die Unübersichtlichkeit hier besonders groß ist. Voraussichtlich um die 200 Studiengänge mit Bachelor- und Masterabschluss wird die Liste enthalten.

Vielfalt und Qualität

Vor einiger Zeit organisierte der ECIA eine digitale Präsentation mit Projekten europäischer Innenarchitekten, die bei Messen, Kongressen und Veranstaltungen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit genutzt wird. Das Bildmaterial lieferten die nationalen Verbände. Es ist interessant zu sehen, dass qualitätvolle Projekte in den meisten Ländern trotz unterschiedlicher Rahmenbedingungen entstehen. Gut zu erkennen sind die fachlichen Gemeinsamkeiten des Berufs, die die Innenarchitektinnen und Innenarchitekten in Europa einen. So freut sich der Vorstand des ECIA auch, dass die langjährigen Bemühungen in Osteuropa langsam fruchten und neu gegründete nationale Berufsorganisationen dem ECIA beitreten werden. In diesen Ländern haben sich inzwischen gute fünfjährige Studiengänge etabliert.

Abschließend sei noch erwähnt, dass der Vorstand an einem neuen visuellen Erscheinungsbild des ECIA und einer längst überfälligen neuen Website arbeitet. Der Newsletter wird modifiziert. Alle Aktivitäten im ECIA werden allein durch ehrenamtliches Engagement mit einem äußerst geringen Vereinsbudget geleistet. Projekte wie die Website können nur über Sponsoring finanziert werden. Der BDIA Bund Deutscher Innenarchitekten ist als großer Mitgliedsverband ein starker Partner des ECIA. Wer Fragen zum Beruf des Innenarchitekten in Europa hat, kann sich gerne an mich wenden unter secretary.general@ecia.net.

Elke Kaiser ist ehrenamtliche Geschäftsführerin des European Council of Interior Architects ECIA und seit 1992 Mitglied im BDIA.