bdia anerkannt! Bachelor für Uyanga Enkhbat: “Moderne Jurte: Die Jurte zwischen Tradition und Moderne – Die Vision einer Nomadin”

Bachelorarbeit SS 2020 an der Hochschule Coburg
Betreuung: Prof. Phillips


Moderne Jurte: Die Jurte zwischen Tradition und Moderne – Die Vision einer Nomadin

In der Mongolei kann man überall Jurten sehen, nicht nur auf dem Land, sondern auch in der Stadt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt im sogenannten „Ger Khoroolol“, zu Deutsch „Jurten-Bezirk“. Dort gibt es kein fließendes Wasser und keine Kanalisation, so dass die Menschen, die dort wohnen, das Wasser an Wasserstellen kaufen müssen, das Abwasser fließt auf die Straße. Das Heizen mit Kohle produziert gesundheitsschädliche Abgase und wegen der offenen Kochstelle werden viele Brandunfälle, wie starke Verbrennungen bei Kindern sowie Erwachsene, registriert. Auf Grund dieser Missstände liegt der Fokus meiner Bachelorarbeit auf der konzeptionellen Darstellung einzelner Bereiche wie sanitäre Einrichtungen, Heizung, Kochgelegenheiten.
Mein Entwurf soll jedoch nicht nur funktionale Aspekte beachten, sondern beim Betreten des Raumes das Gefühl vermitteln, dass man sich in einer mongolischen Jurte befindet. Um dies zu erreichen, recherchierte ich viel über traditionelle mongolische Ornamente sowie über die Positionierung der Wohnbereiche und der Einrichtung, die sich an den Himmelsrichtungen orientiert. Diese Elemente spielen in der typischen Jurte meiner Heimat eine wichtige Rolle.

Die traditionell übliche Platzierung von einzelnen rechteckigen Möbeln in der runden Form der Jurte entspricht jedoch nicht meinem Verständnis von moderner Konzeption. Ziel war es deshalb, eine Jurte zu entwerfen, die in unsere Zeit passt.

Ihre Fläche bei einem Durchmesser von 8,70 Metern, ca. 50 m². Sie besteht aus zwei Ebenen und bietet genug Raum sogar für eine dreiköpfige Familie. Dabei ist die Jurte (anders als im traditionellen Sinn) nicht transportierfähig; sie funktioniert also wie ein kleines Haus mit Strom und fließendem Wasser, vergleichbar einem modernen Tiny-Haus. Geheizt wird mit Solarenergie – durchschnittlich 270 bis 300 Sonnentage pro Jahr machen es möglich –, die äußerst gefährliche offene Kochstelle wird durch einen modernen Elektroherd ersetzt. Der Platz der Kochstelle als zentraler Bereich wird zum Gemeinschaftsraum. Ein politisches Ziel muss es sein, auch die Ger-Bezirke an die zentrale Wasserversorgung und Kanalisation anzuschließen.

Ornamente sind ein sehr wichtiger Teil der mongolischen dekorativen Künste. Sie repräsentieren traditionelle künstlerische Ausdrucksformen, die den Ursprung, die Essenz und die Bedeutung verschiedener Dinge und Phänomene unseres Lebens und des Universums beschreiben.
Die Konstruktionselemente, Farbkonzept und Dekor sind an den traditionellen Vorbildern ausgerichtet. So finden sich die Holzstreben, die in der traditionellen Jurte die Dachabdeckung aus Filz tragen, auch als horizontale Raumteiler wieder. (siehe Abb. Schnitt BB) Die moderne Schiebetür ist im hergebrachten Blauton gestaltet und die Elemente mongolischer Ornamente schmücken die funktionalen Möbel.

Dieses UNESCO Kulturerbe „Jurte“ existiert schon seit 5000 Jahren in der mongolischen Steppe und wird wegen ihrer Einfachheit auch weiter im Trend sein.
Mein Entwurf soll ein Schritt sein auf dem Weg, das beschwerliche Leben der Menschen in den Ger-Bezirken zu erleichtern. Uyanga Enkhbat

¹Ger ( mongolisch Гэр „Heim“) – die mongolische Jurte


Die Bewertung der Abschlussarbeiten erfolgte am 02. 11. 2020
Jury: Julian Hensch | bdia Bayern, Sabine Mahl, Auwi Stübbe, Carmen Dittrich

Jurybegründung: Grundlage der modernen mongolischen Jurte ist ihre Geschichte, die in dieser Arbeit sehr umfassend und mit vielen Details dargelegt wird. Wie ist die Jurte konstruiert, aus welchen Materialien ist sie aufgebaut, in welcher Himmelsrichtung liegt der Eingang und nach welchen Grundsätzen sollen die Lebensbereiche angeordnet sein. Alles bezieht sich auf Tradition und Sitten der Mongolen.
Der moderne, von traditionellen Elementen beeinflusste Entwurf greift das Konzept des „Tiny Living“ auf und ist zu jeder Jahreszeit bewohnbar. Trotz aller Annehmlichkeiten hat man jedoch beim Betreten weiterhin das Gefühl, sich in einer mongolischen Jurte zu befinden. Erwähnenswert ist auch das nachhaltige Gesamtkonzept.