bdia anerkannt! Master für Christoph Laubuhr: “Raum für Abschied”
Masterarbeit SS 2018 an der PBSA Hochschule Düsseldorf
Betreuung: Prof. Klein Wiele
Masterarbeit SS 2018 an der PBSA Hochschule Düsseldorf
RAUM FÜR ABSCHIED
MOTIVATION
Man fragt sich berechtigterweise, warum ich mich mit diesem Gebäude, das mit seiner Aufgabe eine sehr traurige Funktion hat, beschäftigen wollte. 10 Jahre passierte ich dieses Gebäue auf meinem Schulweg und fragte mich früh, warum dieses Gebäude so düster und befremdlich wirkt. Den ausschlaggebenden Punkt etwas ändern zu wollen, war als meine Mutter, die Bestatterin in meinem Heimatort ist, auf mich zukam. Sie berichtete mir, dass es für sie so schwer sei in diesem Gebäude zu arbeiten und trauernde Menschen zu empfangen, da es so dunkel, kühl und unbehaglich sei.
Als gebürtiger Wettringer fühle ich mich mit dem Dorf und diesem Ort verbunden. Meine Vision war es, einen freundlichen Ort zu schaffen, der den traurigen Abschied erleichtert und angenehmer gestaltet.
Der Friedhof wird oft als ein Ort der Trauer und der Trauerbewältigung betitelt. Dabei sollte er vielmehr eine Stätte des Austausches, der Zuversicht und der Begegnung sein. Das Raumprogramm zeigt, dass dieser Ort einen respektvollen und würdevollen Abschied nicht mehr leisten kann und den Anforderungen der Gegenwart nicht mehr gerecht wird.
ZIELE
Um angemessene Veranstaltungen am Friedhof den Mitmenschen meiner Gemeinde zu gewährleisten, habe ich es mir mit dieser Masterthesis zur Aufgabe gemacht, ein innenarchitektonisches Konzept für das Friedhofsgebäude bis ins Detail zu entwickeln, das den Anforderungen der Gegenwart und der Zukunft gerecht wird. Eine Veränderung der äußeren Erscheinung, sowie eine Erweiterung wurde in Betracht gezogen.
Mein Anspruch ist und war es, detaillierte Lösungen zu entwickeln, von
Serienprodukten abzusehen und die Identität des Ortes so positiv zu prägen. Ein Schwerpunkt des innenarchitektonischen Gesamtkonzepts war daher der detaillierte Innenausbau.
KONZEPT
Einem geliebten Menschen die letzte Ehre zu erweisen ist ein natürliches und menschliches Bedürfnis. Dem Menschen, mit dem man zusammen gelebt hat, mit dem man gute und schlechte Zeiten erlebt hat, möchte man ein Zeichen der Liebe und der Anerkennung setzen. Das Bestandsgebäude wird der Aufgabe, einen würdevollen Abschied zu gewährleisten, nicht gerecht.
Durch die Umgestaltung ist eine Stätte des Austausches, der Zuversicht und der Begegnung entstanden. Die Bestandskapelle ist erweitert worden. Nun kann das Gebäude individuell auf verschiedenste Größen von Trauergemeinden reagieren und somit für einen würdevollen Rahmen sorgen. Der neu geschaffene Verabschiedungsraum, der sich vom Bestand löst, ist ein Raum der Intimität. Engste Angehörige nehmen dort vom Verstorbenen Abschied.
ERWEITERUNG BESTANDSKAPELLE
Funktion:
Durch die Tageslicht durchflutete Erweiterung reagiert das Gebäude auf die individuellen Größen von Trauergemeinden und lässt den Bestand durch das Öffnen der Front „atmen“.
Bisher hatten 50 Personen (Durchschnittsbeerdigung ca. 120 Personen) die Möglichkeit während der Aussegnungszeremonie Platz zu nehmen. Nun können bis zu 140 Personen bei einer Abschiedsfeier Platz finden.
Reduktion durch Bestandsmauerwerk:
Der Bestand und die Erweiterung sind durch das Aufgreifen des Verblenders miteinander verknüpft. Das Konzept des Eingangsbereiches ist sehr reduktiv auf das Bestandsmaterial Mauerziegel fokussiert. Die monolithische anmutende Formensprache erzeugt eine „beschützende“ Geste. Sobald man den Eingangsbereich durchschritten hat, gelangt man in den Tageslicht durchfluteten Bereich.
Durch die entwickelte Glaskonstruktion konnte auf die Dachrinne verzichtet werden.
So wirkt die Dachfläche fast wie aus einem Stück. Lediglich das aus Weißtanne gefertige Holzständerwerk sorgt für eine Gliederung. Durch das Aufgreifen der Breite des Bestandsmauerwerkes von 50cm in der Erweiterung bilden sich Sitznischen zwischen dem Holzständerwerk. Zusammen mit den Sitzmöglichkeiten im Eingangsbereich sind Zonierungen für Austausch und Dialog entstanden.
ERWEITERUNG VERABSCHIEDUNGSRAUM
Funktion:
Die Trauergäste sind mit der Gesamtsituation überfordert und haben das Recht in ansprechendem, würdevollen Rahmen Abschied vom Verstorbenen nehmen zu können. Durch den Verabschiedungsort ist es den Trauergästen möglich, am offenen/geschlossenen Sarg, oder der Urne des Verstorbenen würde- und respektvoll Abschied zu nehmen. Der Verabschiedungsort erlaubt proportional den Abschied von 14-16 Personen. Somit ist sogar auch hier eine kleine Andacht möglich.
Reduktion durch Beton:
Der Verabschiedungsraum stößt sich vom Bestand ab und ist durch einen gläsernen Übergang mit diesem verbunden. Die Rahmen der bodentiefen Fenster sind nicht einsehbar. Dadurch entsteht eine Transparenz zwischen den Baukörpern. Der Verabschiedungsraum ist aus Schalungsbeton gefertigt und weißt eine gewisse Rohbauästhetik auf. Der raue Schalungsbeton steht im Kontrast zu der im Innenraum verarbeiteten Weißtanne.
LICHTKONZEPT
Das im Rahmen der Mastarbeit ausgearbeitete Lichtkonzept berücksichtigt die verschiedenen Nutzungszyklen und die entsprechenden Lichtcharakteristiken der Räumlichkeiten. Durch Modellbaustudien habe ich verschiedene Szenarien simuliert und untersucht. Ich analysierte das optimale Spiel, zwischen Tages- und Kunstlicht mit verschiedenen Glasoberflächen und Glasstrukturen.
Verschiedene Räumlichkeiten einer Trauerhalle benötigen unterschiedliche Lichteigenschaften. Ein Abschiedszimmer benötigt eine andere Lichtcharakteristik, als eine Trauerhalle in der die letzte Bestattungszeremonie stattfindet. Das Ziel war es für jeden Raum eine angemessene Atmosphäre zu schaffen. Die Belichtung soll über die Sonneneinstrahlung erfolgen und soll lediglich durch künstliche Beleuchtung unterstützt werden.Christoph Laubuhr
Die Bewertung der Arbeiten fand am 11. Juli 2018 statt. Jury: Anna Witte, Birte Riepenhausen, Barbara Eitner und Stefanie Berghaus
Jurybegründung: Der sensible Umgang mit dem Bestand und dem Thema „Tod und Abschied“ prägt diesen Entwurf. Der Verfasser hat sich umfangreich Thema Abschied und dem resultierenden Bedarf befasst. Ein gelungener Einsatz von raumbegleitenden Lichtakzenten leitet den Besucher durch die Räume. Der reduzierte Einsatz der Materialien gibt dem Entwurf Ruhe. Der Einsatz von pointierten Details an Boden und Türen rundet den Entwurf ab.