bdia ausgezeichnet! Master für Luisa Boisserée: „stattarchiv – Aufbau Stadtarchiv Köln“
Masterarbeit SS 2018 an der ADBK München
Betreuer: Prof. in Carmen Greutmann-Bolzern, Prof. Urs Greutmann, Prof. Gregor Eichinger
stattarchiv – Aufbau Stadtarchiv Köln
Das historische Archiv der Stadt Köln stürzte 2009 unerwartet beim Bau einer neuen U-Bahnlinie in eine tiefe Baugrube des davorliegenden Gleiswechselbauwerks. Dabei wurde das über Jahrhunderte gewachsene, wertvolle Stadtgedächtnis unter den Trümmern begraben und schien für immer verloren. Die Bergung der Archivalien begann umgehend und barg erstaunliche 95% des Archivmaterials. Die Rettung wurde zur Mammutaufgabe, denn beinahe jedes einzelne Werk wurde beschädigt und muss somit restauriert werden. Bis heute steht die Baugrube – inmitten der Stadt gelegen – offen. Nun soll die oberste Etage des dreistöckigen Gleiswechselbauwerks verschüttet werden, da sie bislang keine Funktion hat. Das Unglück soll vergessen, oder besser gesagt, vergraben werden. Das Projekt „stattarchiv – Zeige deine Wunden“ ist ein Lösungsvorschlag, der die Wunde ins richtige Licht rückt und die Rettung des Archivguts, sowie dessen anschließende Nutzung gewährleistet.
Eine vertikal verlaufende Schlucht trennt die öffentliche Forschungsbibliothek von der gegenüberliegenden Restaurierungswerkstatt in zwei Gebäudehälften. Durch eine Verbindung inmitten der Grube wird der Transfer der geheilten Archivalien abgewickelt. Nach und nach füllen diese die dunklen Regalflächen der Forschungsbibliothek. Das Gebäude ist mit einem Abstand zur massiven Schlitzwand errichtet und kann von der Straßenebene über einen rundum verlaufenden Glasboden betreten werden. Die breite Fuge lässt tief ins Innere der Grube blicken. Spendet tagsüber Licht in die unteren Etagen und strahlt nachts durch eine Installation nach oben hinaus. Um das komplette Gebäude zieht sich somit eine Lichtkante, die auf die Tiefe aufmerksam macht. Eine durch die gesamte Bibliothek zentral verlaufende Treppe schafft Platz, um die gewaltige Tiefe wahrnehmen und gleichzeitig hinabsteigen zu können. Der Besucher hat die Möglichkeit, die Geschichte an jenem Ort zu studieren, an dem sie beinahe verloren ging.Luisa Boisserée
Die Bewertung der Abschlussarbeiten erfolgte am 12.07.2018 Jury: Rainer Hilf | Vorstandsmitglied der bayerischen Architektenkammer und Ehrenpräsident des bdia, Claudia Schütz | Vizepräsidentin bdia und Vorstand LV Bayern, Dorothee Maier | Vorstand bdia LV Bayern, Bernhard Rückert / Mitglied bdia Beirat LV Bayern, Lisa Schmidhuber | Preisträgerin bdiaausgezeichnet! 2017
Jurybegründung: Mit dem Konzept „Zeige deine Wunden“ entsteht ein umfassendes Projekt, welches die Kölner Unglücksgrube positiv belegt und mit dem Stadtraum verknüpft.
Der Entwurf wurde sensibel aus dem Innenraum heraus entwickelt und respektiert das Geschehene durch die Distanz von transparenter Gebäudehülle zur verbliebenen Grube. Das Gebäude ist Präsentationsfläche für das restaurierte Archivmaterial und inszeniert gleichzeitig den gesamten Heilungsprozess.