BDIAusgezeichnet 2014 – Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Detmold
Der BDIA Bund Deutscher Innenarchitekten prämierte am 7. Februar 2014 erstmalig Abschlussarbeiten im Studiengang Innenarchitektur des WS 2013/2014 an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Detmold. Die Sichtung der insgesamt 58 Abschlussarbeiten erfolgte durch die Jury, bestehend aus Vera Schmitz (Präsidentin des BDIA), Prof. Klaus-Peter Görge (Ehrenmitglied im BDIA) und Gritt Bartels (Vorstandsmitglied in NRW).
Nach insgesamt 10 Stunden intensivster Prüfung fiel die Entscheidung auf zwei Masterarbeiten, die sich jeweils durch ihr „schlüssiges, komplexes Entwurfskonzept – welches konsequent umgesetzt“ wurde, hervorhoben.
Die „BDIAusgezeichneten“ Master-Absolventen heißen:
Svetlana Wochmin mit dem Thema „Konzeption für räumliche Aufenthaltsqualitäten am Beispiel des MERCADO SAN FRANCISCO in Quito“ und
Tanja Hardes mit dem Umnutzungskonzept „Kreativen Raum schaffen“.
Eine dritte Abschlussarbeit bewegte die Jury einstimmig zur Auslobung einer zusätzlichen Verleihung einer Urkunde. Die besondere Anerkennung wurde im Rahmen der Prämierung „BDIAusgezeichnet“ verliehen.
Die Würdigung „BDIAnerkennung!“geht an die Bachelor- Absolventin:
Sina Rocktäschel mit dem Thema „Wartehalle – Umgestaltung des Bahnhofes Lübbecke“
Zur Aufgabe von Svetlana Wochmin
Konzeption für räumliche Aufenthaltsqualitäten am Bsp. des MERCADO SAN FRANCISCO in Quito. Inhalt dieser Ausarbeitung ist die Analyse der räumlichen Qualitäten, des sozialen Umfeldes und der Bedürfnisse der Nutzer eines Marktes. Einerseits soll der getaktete Marktbetrieb beibehalten werden und andererseits soll ein flexibler Aufenthaltsort geschaffen werden, wie er bislang nicht vorhanden ist.
Auszug aus ihrer Thesis: Somit stehen Aktivierung und Entspannung eng beieinander. Wie können sich nun die beiden Orte, also die funktionalen und die emotionalen Orte berühren? Was bedeutet Aufenthalt und welche Berührungen gibt es grundsätzlich? Wie bringe ich die geometrischen, zwischenmenschlichen und interaktiven Zonen zusammen? Die Idee ist es als Berührungspunkte identische Objekte zu wählen, die unterschiedlich genutzt werden können. So stand der Entwurf dieser Objekte im Mittelpunkt meiner Arbeit. Mir ging es darum, Gegensätze zum Berühren zu bringen. So entschied ich mich im weiteren Verlauf über Berührungen von Mensch zu Mensch, von Objekt zu Objekt und die von Mensch zu Objekt, nachzudenken und diese zu überprüfen….Die endgültige Form der Möbel geht auf eine Analyse der gestischen Qualitäten zurück. Das Prinzip der Entfaltung, also die ,,Möglichkeit der Rückkehr zur Ursprungssituation“ ist Leitgedanke bei der Konzeption.
Begründung der Jury: Die Arbeit stellt in besonderer Weise, von der Recherche über die Analyse bis hin zu einer möglichen Realisierung, den konsequenten Entwurfsweg da. Mit großer Sensibilität gelingt es der Verfasserin den traditionellen Raum (Mercado/Markthalle) mit einfachen Konstruktionen neu zu inszenieren ohne befremdlich zu wirken. Die ungewöhnliche Ästhetik des Entwurfes weist ein hohes Maß an analytischem und kreativem Talent auf und spiegelt sich auch in der Art der Präsentation wieder.
Zur Aufgabe von Tanja Hardes
„Kreativen Raum schaffen“- Umnutzungskonzept für die Tonnen- und Jutierhalle in München. Die Tonnenhalle, auch Rohrlagerhalle, entstand 1926. Sie wurde durch die Baufirma Wayss und Freitag errichtet, ist eine als Flachtonne ausgebildete freitragende Eisenbetonkonstruktion und gilt als formal ästhetisch überzeugender Funktionsbau. Die Jutierhalle wurde 1926 im Reduktionsstil durch Bauamtmann Ernst Henle als Eisenbetonkonstruktion errichtet. Sie ist durch Wandpfeilerintervalle gegliedert und verfügt über ein Dach in offener Fachwerkkonstruktion mit Oberlichtern. Anfangs wurden hier von den Münchener Wasserwerken Leitungsrohre mit Jute umwickelt. Beide Hallen besitzen eine anziehende industrielle Atmosphäre die es zu erhalten gilt.
Auszug aus ihrer Thesis: Um die weite, atmosphärische Wirkung der Hallen nicht zu zerstören, sieht das Konzept vor, mit neuen Elementen nicht an den Bestand anzuknüpfen. Neue Elemente werden mit einem ausreichenden Abstand zu den Bestandswänden bedacht. Durch diese Maßnahmen kann sichergestellt werden, dass auch nach der Umnutzung der Hallen ihre Weite, Höhe und Helligkeit für den späteren Besucher noch erfahrbar bleibt. Die Anordnung der einzelnen Studios erfolgt über ein Raster, das sich in beiden Hallen durch die Intervalle der Wandpfeiler bildete. So werden neue Studios in die Bestandsgebäude integriert und es entsteht eine stadtähnliche Landschaft. Die entstandenen Frei-räume können als Ruhezone, Kommunikationszone und Ausstellungszone genutzt werden.
Hierzu 1 Bild_(Tanja Hardes-Plan) Datei ist von ihr Begründung der Jury: Das Konzept besticht durch den Umfang der zu lösenden Aufgabe, der Neunutzung zweier Industriehallen im städtebaulichen Kontext. Das daraus resultierende Raum- und Nutzungsprogramm ist schlüssig und konsequent ausgearbeitet worden. Der neu geschaffene urbane Raum stellt sich als unabhängiges Gebilde innerhalb der Halle da und schafft somit ein Kreativquartier.
Zur Aufgabe von Sina Rocktäschel
Umnutzungskonzept „Wartehalle des Bahnhofes Lübbecke“
Das im Jahr 1915 errichtete Gebäude steht unter Denkmalschutz und konnte bis heute, bis auf einige kleine Umbauten im Innern, weitgehend im Originalzustand erhalten bleiben. Es verfügt über zwei Vollgeschosse, sowie einen teilausgebauten Dachraum und besitzt großzügige Lager- und Nutzflächen in zwei separat zugänglichen Kellerbereichen. Derzeit beherbergt es im Erdgeschoss ausschließlich den ca. 70m² großen Bürobereich der Stellwerksverwaltung für den Bahn-
verkehr auf der Trasse Rahden-Bünde-Herford-Bielefeld. Die übrigen Räumlichkeiten des Bahnhofs stehen leer und auch die ehemalige Wartehalle im Erdgeschoss mit Fahrkartenverkauf, Reise- und Fahrplanauskunft sowie den öffentlichen sanitären Anlagen, ist für die täglich rund 550 Passagiere unzugänglich.
Auszug aus Ihrer Thesis: Über eine großzügige Terrasse für die Außengastronomie, auf der sonnigen Südseite des Komplexes, gelangt man durch einen neu gestalteten, gläsernen Eingang in die Lounge- und Barzone. Bei der Gestaltung dieser, wurden die Sitzmöglichkeiten an das Thema „separater Zugabteile“ angelehnt. Das Thema der privaten Abteile wurde im Restaurantbereich des Gastronomie- betriebes weiter geführt, jedoch auf andere Weise übersetzt. Der gewünschte Effekt von Privatheit bzw. Rückzug durch die Abteile, wurde hier durch das erweiterte Thema „Hülle“ aufgegriffen. Eine Hülle die in Form langer, transluzenter Vorhänge von der hohen, stuckverzierten Decke herabfallen. Jede Tisch- gruppe wird dabei durch einen solchen von den anliegenden Tischgruppen separiert, sodass wie schon in der Lounge kleine private Einheiten entstehen, in denen man ruhig und ganz für sich, leckere Köstlichkeiten verzehren und längere Gespräche führen kann.
Begründung der Jury: Das angestrebte Konzept ist weitestgehend schlüssig und schafft durch die klare Gliederung der gewählten Nutzungsbereiche, den sensiblen Umgang mit dem Bestand sowie den eingesetzten Mitteln von direkten und indirektem Licht, der Farb- und Materialauswahl eine überzeugende Atmosphäre. Die Darstellung der Präsentation war deutlich und der Planungstand weist klar eine Realisierbarkeit der Neunutzung auf.
Text: Gritt Bartels
Bildmaterial: jeweils vom Entwurfsverfasser