bdia ausgezeichnet! Bachelor für Christian Sedlmeier „Kunst_Werke_Stadt“

Bachelorarbeit SS 2015 an der Hochschule Rosenheim
Betreuung: Prof. Karin Sander, Prof. Rainer Haegele

Bachelorarbeit SS 2016 an der Hochschule Rosenheim

Kunst_Werke_Stadt

HINTERGRUND: Kunst bildet einen Spiegel der Gesellschaft und vermittelt den gegenwärtigen Zeitgeist. Eine Auseinandersetzung mit ihr regt den Betrachter an, seine Person und sein Umfeld zu hinterfragen. Die Kunst bewirkt Veränderungsprozesse, wird dadurch aber auch selbst verändert. Diese Wechselwirkung nährt und entwickelt das Bild unserer Kultur.
Kunst wird somit zu einem elementaren Bestandteil der Zivilisation.
Ausstellungen der bildenden Kunst finden nach wie vor überwiegend in etablierten Einrichtungen statt. Als Sinnbild institutioneller Kunst steht der Galerieraum, der „White Cube“. Ein geschlossener Raum; klinisch und unnahbar. Gleichzeitig fällt es aufstrebenden Künstlern immer schwerer, in diesem von Institutionen und Kommerz geprägten Markt Fuß zu fassen. Hinzu kommt, dass die Gentrifizierung der Städte bezahlbaren Atelierraum nahezu unmöglich macht.
Das Schaffen von Kunst ist dadurch an erschwerte Bedingungen gebunden und freie Kunsträume werden aus den Stadtzentren verdrängt. Beide Umstände führen zu einer Entfremdung von Betrachter und Kunstschaffenden. Daraus folgt, dass Personen, die keinen regelmäßigen Kontakt mit bildender Kunst und nur begrenztes Wissen über deren Hintergrund haben, gehemmt sind vor einer Begegnung und Auseinandersetzung mit den künstlerischen Werken.

PROJEKTE: Um Kunst aus bisher geschlossenen Galerieräumen hervorzuholen und einen gesellschaftlichen Austausch zu fördern, muss sie dorthin gebracht werden, wo Leben stattfindet – in die Stadt. In Großstädten wie München kommt es, aufgrund von Verhandlungen über Bebauungspläne, auf zahlreichen Baugründen zu Verzögerungen der Bauvorhaben. Aus diesem Grund liegen die betroffenen Flächen teilweise bis zu zehn Jahre lang brach.
Die Kunst_Werk_Stadt bietet Künstlern die Möglichkeit sich auf solchen urbanen Freiflächen zu entfalten. Es ist ein modulares System welches aus zwei Einheiten besteht. Diese können, dank vorgefertigter Holzbauelemente, als temporäre Zwischennutzung, schnell errichtet werden.
Modul 1 bedient die Raumanforderungen von Künstlern, die zweidimensionale Kunst erstellen. Der zweigeschossige Baukörper verfügt über ausreichend Wandfläche. Dank einer eingezogenen Galerie kann man die Kunstwerke aus der Entfernung betrachten. Modul 2 richtet sich an Künstler, welche dreidimensionale Werke erschaffen. Durch den Grundriss über Ecke kann der Raum nach Belieben in drei Bereiche gegliedert werden. Durch Addition wachsen die beiden Module über die Fläche, können an das Raumangebot angepasst werden und bilden eine Künstlerkolonie.
Die Innenräume sind einheitlich mit weiß gekalkten OSB-Platten überzogen. Deren richtungslose Struktur wirkt wie ein Rauschen, das den Raum aufzulösen scheint. Großzügige Fensterflächen und Oberlichter aus transluszenten Stegplatten tauchen die Ateliers in diffuses Licht und schaffen einen subtilen Bezug zum Außenraum.
Die vorgehängte Fassade aus schwarzen, vertikalen Holzlatten bildet einen Kontrast zum hellen Innenraum und gibt ihm dadurch mehr Signifikanz. Durch die Latten wirkt die helle Innenhaut hindurch und vermittelt Transparenz.
Mit Hilfe von drehbaren Wandscheiben stülpt sich der Innenraum nach außen und kann zum Ausstellungsraum umfunktioniert werden. Der Kunstraum vereint sich mit dem Stadtraum. Dadurch werden die Barrieren, vom Schaffen der Kunst bis zum Ausstellen, aufgebrochen. Dies soll die Bevölkerung wieder vermehrt in den Diskurs der bildenden Künste einbeziehen, Schwellenängste abbauen und Künstlern die Gelegenheit geben selbstorganisiert im urbanen Raum zu agieren. Christian Sedlmeier


Die Bewertung von 16 Bachelorarbeiten erfolgte am 7. Juli 2016. Jury: Innenarchitektin Claudia Schütz, bdia Vizepräsidentin und Landesvorsitzende Bayern; Innenarchitektin Veronika Kammerer; Innenarchitekt Tillmann Fischbach, Vorstandsmitglied bdia Bayern, Matthias Kopielski sowie die Preisträgerinnen des Vorjahres Franziska Huber und Magdalena Bauernfeind.

Jurybegründung: Die Entwicklung von zwei sehr unterschiedlichen Raummodul-Typen bietet durch die Vielzahl der Möglichkeiten ihrer Anordnung an Plätzen der Wahl – sei es ein Stadtraum oder eine andere temporäre Freifläche – eine gelungene Verflechtung von Innen und Außen. Ein Gesamtkonzept, das sich nicht nur für Künstler, sondern vielfältig auch für andere temporäre Nutzungen eignet, seien es Studenten- oder Flüchtlingsunterkünfte. Die besonders individuelle Darstellung unterstreicht den positiven Eindruck des außergewöhnlichen Entwurfs.