Der Innenarchitekt und die HOAI

Am 4. Juli 2019 wackelten bundesweit die Wände, nachdem in Brüssel das Urteil im HOAI-Vertragsverletzungsverfahren zu den verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen verkündet wurde. Wie lebt es sich honorarrechtlich nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)?

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat (nur) Folgendes entschieden: „Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der EG-Dienstleistungsrichtlinie (2006/123) verstoßen, indem sie verbindliche Mindest- und Höchstsätze für die Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat.“

Dabei hat der Europäische Gerichtshof hervorgehoben, dass die Existenz von Mindestsätzen für die Planungsleistungen im Hinblick auf die Beschaffenheit des deutschen Marktes grundsätzlich dazu beitragen kann, eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu gewährleisten.[1] Das letztendlich der EuGH die Mindestsätze zu Fall gebracht hat, beruht darauf, dass in Deutschland Planungsleistungen auch von Dienstleistern erbracht werden können, die nicht eine entsprechende fachliche Eignung nachgewiesen haben. Letztendlich ist nur der verbindliche Preisrahmen des § 7 Abs. 1 HOAI unanwendbar.[2] Es gilt weiterhin der Grundsatz nach § 7 Abs. 5 HOAI, dass die Mindestsätze der HOAI Anwendung finden, wenn nicht bei Auftragserteilung eine schriftliche Vereinbarung über das Honorar getroffen worden ist.

Dies bedeutet für die InnenarchitektInnen, dass sie nunmehr unbedingt darauf achten müssen, dass sie von Anbeginn an schriftliche Verträge abschließen, in welchen – soweit dies zu diesem Zeitpunkt bereits möglich ist – die zu erbringenden Leistungen und zusätzliche Leistungen oder Änderungen sowie das dafür zu zahlende Honorar festgehalten sind. Schriftlich i.S.d. § 126 BGB bedeutet, dass die Honorarvereinbarung bzw. der Vertrag von beiden Parteien handschriftlich im Original unterzeichnet sein muss. Übersendung in digitaler Form, z.B. per Email mit eingescannten Unterschriften, ersetzt die Schriftform nicht, so dass per Email abgeschlossene Verträge keine wirksame Honorarvereinbarung beinhalten mit der Folge, dass nicht das vereinbarte Honorar, sondern die Mindestsätze weiterhin gelten.

Da Juristen bekanntlich nie einer Meinung sind, wird auch die Auffassung vertreten, dass die sog. “Mindestsatzfiktion” des § 7 Abs. 5 HOAI nicht mehr gilt. So ist bereits entschieden worden, dass die sog. Mindestsatzfiktion des § 7 Abs. 5 HOAI gegenstandslos ist.[3] Die Innenarchitekten können weiterhin natürlich die entsprechenden Honorare nach der HOAI vereinbaren. Wichtig ist jedoch, um hier den Unsicherheiten der Auslegung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu entgehen, dass man schriftliche Vereinbarungen von Anfang an trifft. Wenn es hier zu Beginn nicht möglich ist, einen vollständigen Innenarchitektenvertrag über die Leistungsphasen 1 bis 8 des § 34 HOAI abzuschließen, besteht auch die Möglichkeit, dass man für die Projektentwicklung, die Planungsgrundlage mit Kosteneinschätzung, die Grundlagenermittlung und damit zusammenhängende besondere Leistungen einen sog. Projektfindungsvertrag abschließt oder Verträge über einzelne Leistungsphasen, möglicherweise auch Stufenverträge, mit dem Bauherren vereinbart.

[1] EuGH, Urt. vom 04.07.2019 – Rs C-337/17
[2] Fuchs, „EuGH beerdigt die HOAI“ aber nicht vollständig …, IBR 2019, 436
[3] OLG Celle, Urt. vom 23.07.2019 – 14 U 182/18


Autoren: Rechtsanwalt Prof. Dr. Peter Fischer, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Professor für Bau-, Architekten- und Ingenieurrecht an der Jade Hochschule in Oldenburg und Innenarchitekt Dipl.-Ing. Andreas T.C. Krüger, von der Architektenkammer NW öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Honorare für Leistungen der Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Ingenieure sowie Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Coburg.


Ein vertiefendes Seminar zu diesen Lösungen und zum Innenarchitektenvertrag findet am 11. Oktober 2019 in der Geschäftsstelle des bdia in Berlin mit den Referenten Prof. Dr. Peter Fischer und Dipl. Ing. Andreas T.C. Krüger (bdia) statt.