„Der Raum als Mantel“ von Susanne Schmidhuber, München

Abschied nehmen in Würde und Frieden – wir näherten uns dem sensiblen Thema der Gestaltung eines Palliativzimmers im Klinikum Dritter Orden in München durch seine Begrifflichkeit selbst: lateinisch „Pallium“, bzw. „Palliare“ heißt „Mantel“, bzw. „Mit einem Mantel umhüllen“. Das entwickelte Raumkonzept folgt diesem Leitgedanken mit einer einfühlsamen Architektur, die umfängt, schützt und hilft, Leiden zu mindern.

HEADER_SCHMIDHUBER_Der Raum als Mantel_01_Foto Simon KatzerWie ein Mantel umschließt der doppelschichtige, semitransparente Vorhang das Zimmer und schafft einen eigenen, zeitlosen Raum, der die Außenwelt einbeziehen oder aussperren kann. Hinter dem Vorhang befindet sich eine umlaufende LED-Leiste, die nach den Bedürfnissen des Patienten von ihm selbst oder den betreuenden Angehörigen gesteuert werden kann. Der Vorhang wirkt dabei wie ein Diffusor und verteilt unterschiedliche Farb- und Lichtstimmungen gleichmäßig im Zimmer. Die Atmosphäre des Raumes ist damit veränderbar – von klarem Weiß, kühlendem Blau, meditativem Violett zu aufhellendem Gelb. Der so entstehende Lichtraum umfängt den Patienten und sorgt durch die Möglichkeit seiner individuellen Anpassung für Trost, Ruhe und Geborgenheit.

Das fließende, endlose Element des Lichtraums wird von der Architektur des Raumes unterstützt. Harte Kanten, Ecken oder Begrenzungen werden durch weiche Formen und warme Materialität der Einrichtung aufgelöst. Der Raum bietet Halt, doch lässt gleichzeitig Weite und Öffnung zu. Über dem Bett befindet sich ein Lichtauge, das einen unbegrenzten Blick in eine optische Unendlichkeit ermöglicht. Auch die zurückgenommene Farbigkeit von Wänden und Mobiliar dient als Projektionsfläche für die von äußeren Einflüssen ungestörte Auseinandersetzung des Patienten mit der eigenen Gedanken- und Bilderwelt.

HEADER_SCHMIDHUBER_Der Raum als Mantel_02_Foto Simon KatzerDie Leiden der letzten Lebensphase zu mindern, bedeutet auch die Berücksichtigung der Bedürfnisse von begleitenden Angehörigen. Die geschützte und individuelle Umgebung bietet ihnen einen kleinen Schreibtisch sowie Leselampe und Mini-TV an der großzügigen Chaiselongue, die auch als Bett genutzt werden kann, um in möglichst angenehmer Atmosphäre Tag und Nacht bei dem betreuten Familienmitglied zu sein.

Bei dieser anspruchsvollen Aufgabe haben wir uns nach eingehender Recherche auf unsere Kernkompetenz als Kommunikationsspezialisten besonnen: Die Funktionalität des Raumes geht in einem übergeordneten Konzept auf, in dessen Mittelpunkt Gefühlswelten und menschliche Bedürfnisse stehen. Susanne Schmidhuber
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Fotos: Simon Katzer
Erschienen in der AIT 11/2015