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Feuer und Flamme für den Brandschutz

Jedes Jahr sterben ca. 750 Menschen bei rund 200.000 Brandfällen in Deutschland, ein Drittel der Brandfälle passiert im Wohnungsbau. Der vorbeugende bauliche Brandschutz hat daher bereits in den frühen Planungsphasen eine hohe Bedeutung. Das Fachwissen rund um den Brandschutz unterstreicht die Kompetenz der Innenarchitekten als Umbauspezialisten.

Zusätzlich zu den Todesopfern werden jährlich rund 60.000 Menschen leicht und ca. 6.000 schwer verletzt und bleiben mehr oder weniger schwer gezeichnet zurück. Dem vorbeugenden baulichen Brandschutz kommt daher bereits in den frühen Planungsphasen eine wichtige Bedeutung zu. Dies zeugt von Fürsorge für ortsfremde Personen, die im Notfall wenig Orientierung im Gebäude haben.

Vorbeugender Brandschutz bezieht sich auf Materialwahl sowie die baukonstruktive und technische Ausführung der Bauteile. Damit ist es aber meist nicht getan: Der vorbeugende Brandschutz reicht oft bis zur Überprüfung von Aufstellflächen für die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und Anschlussmöglichkeiten für deren Ausrüstung.


Innenarchitekten haften für den Brandschutz meist alleinverantwortlich

Ein Brandschutznachweis ist für alle Bauvorhaben erforderlich, es sei denn, das Vorhaben ist – zumindest gilt das entsprechend Art. 57 der Bayrischen Bauordnung (BayBO) – verfahrensfrei. Die Bauvorlageberechtigung schließt die Pflicht zur Erstellung des Brandschutznachweises ohne zusätzliche Vergütung mit ein. Da die Prüfung des vorbeugenden Brandschutzes bei Bauten geringer und mittlerer Schwierigkeit durch die Baugenehmigungsbehörde entfällt, liegt die Haftung hier ausschließlich beim Planer.

Völlig freisprechen davon können sich InnenarchitektInnen nur, wenn beteiligte Architekten oder Brandschutzplaner diese Aufgabe übernommen haben. Aber selbst dann sind an bestimmten Schnittstellen Abstimmungen, beispielsweise hinsichtlich der Materialität, erforderlich.

Die Musterbauordnung (MBO) unterteilt alle in Deutschland bestehenden und neu zu errichtenden Gebäude seit 2002 in sechs verschiedene Gebäudeklassen: je nach Art, Höhe, Nutzfläche und Größe der jeweiligen Nutzungseinheiten. In den Bauordnungen der Bundesländer wurden die Brandschutzanforderungen teilweise unterschiedlich ratifiziert.

Alle Entwurfsverfasser sind automatisch für den Brandschutz der Gebäudeklassen 1-3 verantwortlich. Der Brandschutznachweis für die Gebäudeklasse 4 benötigte zum Beispiel in Bayern bis zum Stichtag 1.9.2018 eine zusätzliche Schulung. Von der Genehmigungsbehörde wird der Brandschutznachweis nur bei Gebäuden der Gebäudeklasse 5, Mittel- und Großgaragen sowie Sonderbauten geprüft. Das sind u.a. Hotels, Versammlungsstätten, Sportstätten, Schulen und Krankenhäuser. In der Regel werden hier für den Nachweis zertifizierte Brandschutzfachplaner eingeschaltet.


Flucht- und Rettungspläne sind als „Besondere Leistung“ extra zu vergüten

Während der Brandschutz eine nicht extra zu vergütende Leistung jeder (Um-) Baumaßnahme darstellt und alle Innenarchitekten bis zur Gebäudeklasse 4 hierfür alleinverantwortlich haften, stellt die Erstellung eines Flucht- und Rettungsplanes eine sog. „Besondere Leistung“ dar und ist extra zu vergüten. So ergibt sich folglich je nach Bauvorhaben eine zusätzliche Einkommensquelle für ansonsten kostenfreie Leistungen mit einem nicht zu unterschätzenden Haftungsrisiko.

Die Notwendigkeit, einen Flucht- und Rettungsplan zu erstellen, ist nicht eindeutig geregelt, jedoch als Orientierung in der Arbeitsstättenverordnung definiert. Sie fordert in § 4 das Auslegen oder Aushängen von einem Flucht- und Rettungsplan, „wenn Lage, Ausdehnung und Art der Benutzung der Arbeitsstätte dies erfordern“.

Vereinfacht gesagt, wird immer dann ein Flucht- und Rettungsplan benötigt,

  • wenn die Fluchtwegführung unübersichtlich ist.
  • wenn sich in einem Gebäude viele ortsunkundige Personen aufhalten wie Besucher, Kunden und Publikum.
  • wenn eine erhöhte Gefährdung besteht, beispielweise. durch Explosionsgefahr, oder wenn im Brandfall gefährliche Substanzen freigesetzt werden.

 Brandschutz bei Nutzungsänderungen besonders anspruchsvoll

Beim Bauen im Bestand haben Innenarchitektinnen und -architekten als Entwurfsverfasser insbesondere bei Nutzungsänderungen den gesamten gesetzlichen Kanon von Abstandsflächen, Stellplatz-Verordnung und auch Brandschutz verantwortungsvoll zu prüfen und im Bedarfsfall anzupassen.

Eine Nebenpflicht besteht in der Prüfung des vorgefundenen Bestands. Bei mehr als zehn bis 15 Prozent Veränderung gilt der Bestandschutz als verloren. Folglich sind alle Brandschutzbelange an die derzeit gültige DIN 4102 und EN 13501-1 sowie die aktuellen Landesbauordnungen anzupassen.

Selbst dann, wenn die Statik des Gebäudes und auch die Fassade unangetastet bleiben, ergeben sich hierbei oft ungeahnte Herausforderungen. Problemstellungen könnten zum Beispiel sein, wenn

  • in einem Mehrfamilienhaus das Dachgeschoss ausgebaut wird,
  • in einer Betriebsstätte nur die Büros und Sozialräume umgebaut werden,
  • wenn zwei Büroeinheiten über zwei Geschosse zusammengelegt werden und hierbei die Gesamtnutzfläche von 400m² überschritten wird,
  • ein Büro in ein Tanzstudio, eine Wohnung oder eine Praxis umgebaut wird.

Das Wissen und die Erfahrung zu Brandschutz sollten als „Besondere Leistung“ in eine belastbare Flucht- und Rettungswegplanung münden. Dieses spezielle Fachwissen unterstreicht die Kompetenz der Innenarchitekten als Umbauspezialisten. Ulla Basqué, Innenarchitektin bdia