Innenarchitektinnen und Innenarchitekten in einer Schlüsselrolle

Innenarchitekten gestalten Räume, welche die Bedürfnisse des Menschen nach Geborgenheit, aber auch nach Unabhängigkeit unterstützen. Die Bedürfnisse sind höchst individuell, es geht dabei um Gestaltung, um das Wohlfühlen. Immer geht es  um Personalisierung, um Individualität. Die Arbeitsmittel des Innenarchitekten sind heute Formen und Farben, Möbel und Beleuchtung, welche die optische und akustische Wahrnehmung sowie das Raumklima beeinflussen. Das Ergebnis ist in der Regel eine statische Lösung, die auf die aktuelle Situation abgestimmt ist. Räume geben aber auch Prozessen wie Tagesabläufen eine Umgebung, die sich teils mit hoher Dynamik ändern.

Smart Home als Teil der Gestaltung

Mit dem Smart Home zieht ein neues Gestaltungselement, die Informationstechnik mit all ihren Ausprägungen und Möglichkeiten in die Räume ein. Sie ermöglicht es, Funktion und Wahrnehmung von Umgebungen mit einer neuen, in Umfang und Auswirkung bisher nicht möglichen Dynamik anzupassen. So sind Assistenzfunktonen ein wichtiges zukünftiges Element von Smart Home Systemen. In welchem Umfang Assistenzsysteme in der Lage sind, Räume und Prozesse zu verändern, lässt sich heute im Innenraum vieler Fahrzeuge nachvollziehen. Räume in Gebäuden haben diesen  Schritt der Digitalisierung heute noch vor sich. Beim Smart Home geht es um viel mehr als Hausautomatisierung. Wir befinden uns meines Erachtens bei der Anwenderassistenz noch in eine experimentellen Phase.  In einer solchen Phase ist natürlich ist nicht alles, was gemacht wird, sinnvoll, aber wird heute bei der Gestaltung von Räumen alles, was sinnvoll wäre, auch gemacht?

Herausforderungen und Anforderungen

Innenarchitekten kennen die Bedürfnisse der Nutzer von Räumen sehr genau, sind in der Lage, dessen Anforderungen in eine Raumgestaltung zu übersetzen, von daher sind sie in einer Schlüsselposition, Anforderungen an Smart Home Funktionen zu definieren und umzusetzen. Nach meiner Wahrnehmung haben Innenarchitekten zum Smart Home aktuell noch ein indifferentes Verhältnis. Handelt es sich um eine vorübergehende Modeerscheinung oder um ein ernstzunehmendes Phänomen? Ist es nicht nur eine weitere, teure und komplexe Komponente, die das Budget für die Gestaltung schmälert? Oder ist das Smart Home ein zukünftig fester Bestandteil von Räumen und Gebäuden? Für Innenarchitekten erweitert das Smart Home die Gestaltungsmöglichkeiten (nicht nur) für assistierende Räume enorm. Sie müssen sich meines Erachtens mit den Möglichkeiten und auch heutigen Grenzen von Smart Home Systemen auseinandersetzen, letztere werden sich in den nächsten Jahren deutlich verschieben und durch ihre Dynamik auch das Design von Räumen verändern.

Prof. Dr.-Ing. Viktor Grinewitschus
Professur für Energiefragen der Immobilienwirtschaft

Der Artikel ist erschienen in der AIT September 2016.