“Lehre, Hochschulen und Bewerbungsverfahren” von Prof. Sabine Keggenhoff

Innenarchitekten müssen in die Lehre!

Damit die baulichen und gestalterischen Aufgaben für das Bauen im Bestand und für Innenräume auch in Zukunft von Innenarchitektinnen und Innenarchitekten erfolgreich umgesetzt werden können, ist eine solide und nachhaltige Ausbildung durch Fachleute unerlässlich.
Unser Berufsstand muss bei Auswahlprozessen zur Besetzung von Lehrstühlen viel stärker berücksichtigt werden. Voraussetzung dafür aber sind auch ausreichende und gute Bewerbungen von Innenarchitekten sowie funktionierende Netzwerke.
Wir haben die Innenarchitektin Sabine Keggenhoff nach Ihren Erfahrungen und Einschätzungen gefragt. Neben Ihrer Tätigkeit im Büro ist sie Professorin an der Peter Behrens School of Arts in Düsseldorf.

BERUF UND LEHRE – eine Verknüpfung mit Mehrwert

In die Lehre gehen zu wollen und tatsächlich ausgewählt zu werden, gleicht dem Annehmen eines Auftrags, einer weiteren verantwortungsvollen Verpflichtung. Mut machen, sich selbst zu zutrauen, auch ein Feld der Lehre besetzen zu können, darum geht es. Das Engagement für den Inhalt, die Studierenden, für die Sache an sich ist Grundvoraussetzung. Man muss vielen Anforderungen gerecht werden, aber es macht Spaß, sehr viel Spaß sogar.

Der Bedarf ist da. Das ist gut.

Die Studierenden wünschen sich ausdrücklich innenarchitektonische Vorbilder und im Detail ausdrücklich konzeptionell Lehrende, mit Haltung, mit Thema, mit Stringenz und gestalterischer Offenheit. Das bekomme ich immer wieder gespiegelt.

Wir sind eine berufliche Minderheit, wir sollten jedoch nicht wie eine solche agieren – mich befremdet das. Wir bedienen den Markt präzise, wir sind hervorragende Spezialisten und wir wissen was wir können. Der Erfolg gibt vielen von uns Recht. Der Bedarf, die qualitätvollen Anfragen, sind über alle Maßen vorhanden. Man braucht genau uns, uns Innenarchitektinnen und Innenarchitekten und unser Wissen um Raum.

Rahmenbedingungen für die Lehre

Wesentliche Faktoren für eine gute, basisorientierte innenarchitektonische Lehre sind, verlässliche Rahmenbedingungen für Studierende zu schaffen, zugunsten einer wirtschaftlich interessanten und perspektivisch ausbaufähigen Selbstständigkeit. Hier ist meines Erachtens trotz großem Engagement vieler Beteiligter die Faktenlage nach wie vor nicht akzeptabel (Verweis auf: Ausgrenzung bei Wettbewerbsteilnahmen, Einschränkungen bzgl. möglicher Berufsfelderweiterungen, eingeschränkte Bauvorlageberechtigungen, etc.).

Beruf und Lehre zu vereinen; so wie ich es persönlich durchführe; ist mit viel Arbeit und viel Toleranz auf der Büropartnerseite verbunden. Beides soll erfolgreich laufen, so ist mein Verständnis, mein Anspruch, mein Ziel. Das scheint leichter als getan, bekanntermaßen erledigt sich nichts von allein, nichts nebenbei, es lohnt sich aber: keineswegs in klassisch-finanzieller Hinsicht, jedoch ideell, denn es beflügelt den eigenen Kopf, sorgt für regelmäßige Unterbrechungen des eigenen Schaffens und setzt Energien frei.

Gegenseitige Akzeptanz und Wertschöpfung

Wenn Stellen neu besetzt werden, dann fehlt es unter den Kollegen im Fachbereich häufig an Akzeptanz und Wertschätzung gegenüber Innenarchitektinnen und Innenarchitekten, die sich bewerben. Die Notwendigkeit der Ausbildung durch gelernte Berufsträger wird nicht verstanden.

Das ist so, das sollte man wissen, das sollte jedoch keinesfalls entmutigen, im Gegenteil: Hier gilt es, sichtbar zu werden, Ansprüche zu formulieren, da muss man durch, das ist wie „draußen arbeiten“. Einen Schutzraum im klassischen Sinne gibt es für Innenarchitekten an Hochschulen nicht. Ergänzen möchte ich zusätzlich, dass es ebenso Zeit benötigt, sich im jeweiligen individuellen Hochschulprozess zu finden, zu verorten. Ich persönlich brauchte meinen Moment, zum Teil bin ich heute noch nicht „angekommen“.
Dass will gelernt sein, ebenso wie die internen Prozesse und gelebten Allianzen zu reflektieren und zu akzeptieren.

Ich selbst muss meinen zeitlichen Einsatz an der Peter Behrens School of Arts (PBSA) in Düsseldorf in jeder Woche und in jedem Semester ganz bewusst planen. Ich wollte nie meinen klassischen Berufsalltag verlassen um mich ausschließlich und / oder überwiegend der Lehre zu widmen, denn meine Fachkompetenz erfolgreich bewiesen und ausgeübt zu haben, bzw. weiterhin kontinuierlich auszuüben, befähigte mich ehemals für die „Kompetenzfelderweiterung Lehre“.

Mich interessiert beides, mich beglückt beides, mich motiviert beides.
Innenarchitektur ist kein architektonisches Beiwerk, sondern Zukunft.

Prof. Sabine Keggenhoff ist neben ihrer Tätigkeit im Büro Professorin an der Peter Behrens School of Arts in Düsseldorf.

Der Artikel ershien in der AIT 06/2018. Titelgrafik: “Kunst_Werk_Stadt von Christian Sedlmeier, Bachelorthesis Innenarchitektur an der Hochschule Rosenheim.

Aktuelle Veranstaltung:

INNENARCHITEKTENLEHREN. Netzwerk- und Informationsveranstaltung zu Bewerbungsverfahren auf zukünftige Professuren der Fachbereiche Innenarchitektur.
29. OKtober 2018, 15:30 bis 19:00 Uhr im Thonet Showroom, Düsseldorf.

Mehr unter www.bdia.de / INNENARCHITKTEN IN DIE LEHRE!


Leserbrief an die Redaktion vom 18. Juli 2018:

Danken möchte ich Vera Schmitz, Professorin Sabine Keggenhoff und Tabea Höfer für Ihre Beiträge in der AIT 6.2018, die mir aus der Seele sprechen.

Wie kann es überhaupt sein, dass Hochbauarchitekten alle Professuren der Innenarchitekten besetzten dürfen? Die Kernkompetenzen der Innenarchitektur haben sie im Studium nicht gelehrt bekommen und im Beruf meist auch nicht als Schwerpunkt ausgeführt: Möbelbau, Laden- und Messebau, Innenraumgestaltung, räumliche Funktionsabläufe – um nur einige zu nennen.

Andererseits werden InnenarchitektenInnen nicht berücksichtigt oder ausgeschlossen, wenn es nur annähernd mit Hochbau zu tun hat, wie beispielsweise Architekturgeschichte, Bausanierung, Lichtplanung – obwohl das gemeinsame Fächer wären.

Wo ist also der interdisziplinäre Respekt der HochbauarchitektenInnen vor der Fachkompetenz der anderen Fachrichtungen? Wäre nicht der Einsatz von InnenarchitektenInnen in ihrem eigenen Fachbereich ein guter erster Schritt, einer Minderheit mit speziellem Know-how Anerkennung zu zollen? Das könnte dann auch positive Wirkung auf das Berufsleben haben.

Unterstützt die Architektenkammer eigentlich den Schutz von Minderheiten in der Architektenschaft?

Ich stelle mir diese Fragen, da ich seit 30 Jahren vergeblich versuche in meinem Fachbereich Innenarchitektur einen Lehrauftrag/Professur zu erhalten und immer wieder von HochbauarchitektenInnen verdrängt wurde.

R. Poepping

Bitte korrigieren Sie gern Schreibfehler, falls vorhanden.

Mit freundlichen Grüssen,
R. Poepping

Dipl.-Ing. Innenarchitektur,
Design-Licht-Bühnenbild-Planungen,
Betriebswirtin, Ausbilderin IHK