„Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital.“ von Johann Haidn, Innenarchitekt
Höher, schneller, weiter? Leuchtturmprojekte? Über diese wird viel und umfangreich berichtet. Wir alle wissen: Hinter jedem Projekt stehen nicht nur die „Autoren“, sondern vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im gesamten Planungs- und Bauprozess wesentliche Ideengeber und Wissensträger sind. Und ebenso spannend wie eine Referenzliste namhafter Planungsbüros sind die Biographien und beruflichen Werdegänge angestellter Innenarchitektinnen und Innenarchitekten. Herausforderungen und Erfahrungen prägen Persönlichkeiten, schaffen Perspektiven und Chancen.
Neben den sorgsam geplanten Lebensläufen finden Innenarchitektinnen und Innenarchitekten natürlich in klassischen Planungsbüros, in immer stärkerem Maße aber auch in außergewöhnlichen Nischen ihre Berufung. Handel, Gewerbe und Industrie bieten attraktive Stellenangebote. Viele Kolleginnen und Kollegen sind in der Industrie, im Messe-, Hotel- und Ladenbau, einzelne auch in Beratungsstellen und Denkmalsschutzbehörden zu finden. Verbeamtete Innenarchitekten sind in Forschung und Lehre an den Hochschulen tätig. Und dieser wachsenden Vielfalt beruflicher Möglichkeiten folgt das Engagement der Hochschulen, die Studenten vor einem breiten Horizont bezüglich zukünftiger Betätigungsfelder Innenarchitektur auszubilden.
Der BDIA und die Architektenkammer unterscheiden zwischen freischaffenden und angestellten Mitgliedern. Voraussetzung für die Eintragung in die Architektenlisten ist neben dem Studium der Fachrichtung Innenarchitektur ein Nachweis über eine mehrjährige praktische Tätigkeit in allen Leistungsphasen der HOAI, meist als Angestellter. Es bestehen soziale Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern verbunden mit dem Recht für die Eintragung in die Architektenliste notwendige Nachweise über die berufliche Praxis zu erhalten. Arbeitgeberfinanzierte Fort- und Weiterbildungen – in vielen Branchen bereits eine Selbstverständlichkeit – sichert die Qualität und Anforderungen an den Verbraucherschutz. Aktuell berichtet die Bundesarchitektenkammer über Veränderungen bei der Mitgliederstruktur in den Architektenkammer der Länder. In fast allen Bundesländern steigt die Anzahl der angestellten Architekten, bereits in 7 von 16 Bundesländern sind mehr angestellte Architekten als freischaffende Architekten eingetragen.
Mehr Angestellte in die Gremien!
Doch werden die Belange der Angestellten ausreichend berücksichtigt? Erwartet wird von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Identifikation und Loyalität mit dem Arbeitgeber und dessen Zielen. Arbeitsverträge regeln den Leistungsumfang, die angemessene Vergütung und freiwillige soziale Leistungen. Intern sind Mitarbeiter in Prozesse und Strukturen eingebunden entsprechend ihrer fundierten und fachlichen Kompetenz. Mitarbeiter sichern die Existenz – schaffen wirtschaftliche Sicherheit. Fortbildungen dienen der Mitarbeiterbindung und sind ein unverzichtbares Instrument für die langfristiges Investition in Aktualität und Qualität. Nicht nur auf Visitenkarten und Signaturen vertreten Mitarbeiter verantwortungsbewusst und gewissenhaft den Anspruch des Unternehmens nach außen. Es fühlt sich gut an, wenn man hört: „Unser Innenarchitekt wird sich bei Ihnen melden und eine Lösung ausarbeiten“.
In den Architektenkammern werden in Arbeitsgruppen für Angestellte und Beamte Entwicklungen erörtert, rechtliche Grundlagen zusammengestellt und Positionen entwickelt. Neben dem Proporz in den Kammern braucht es in den Berufsverbänden einen Dialog auf Augenhöhe. Unter Teilhabe versteht man eine angemessene Beteiligung aller Fachrichtungen und Tätigkeitsarten, die einen Perspektivwechsel bei relevanten Themen und Fragestellungen zulässt. Und die Perspektive muss sich noch stärker verändern zugunsten der Angestellten. Doch ohne die angeblich notwendige Reputation fehlt vielen Angestellten noch die Bereitschaft mit eigenen Ideen in Politik und im Berufsstand Einfluss zu nehmen. Hier müssen neue Konzepte für eine Gremienarbeit entwickelt werden, welche das erforderliche berufspolitische Engagement der angestellten Kollegen im Ehrenamt fördert und unterstützt.
Verantwortung verbindet.
Denn alle verbindet eine Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit, einer menschenwürdigen Umwelt und die Berücksichtigung der Lebensbedürfnisse des Einzelnen und der Gesellschaft. Die Anforderungen an Planer ändern sich kontinuierlich. Komplexe Bauaufgaben und das breite Spektrum der Leistungsphasen führen zu einer zunehmenden Arbeitsteilung. Qualifizierte und spezialisierte Mitarbeiter realisieren Projekte im Team. Innenarchitektinnen und Innenarchitekten sind in steigendem Masse in fachfremden Unternehmen als spezialisierte Mitarbeiter gefragt. Dem gemeinsamen Handeln liegen gleiche Interessen an Baukultur, gestalterischem Anspruch, Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein und Wirtschaftlichkeit zu Grunde. Nur in einer partnerschaftlichen und kollegialen Zusammenarbeit können diese Ziele erreicht werden. Und es ist kein Geheimnis: in vielen namhaften Planungsbüros sind die leider meist anonymen Mitarbeiter ein wertvolles Kapital und wesentlicher Teil des Erfolgs.
Text: Johann Haidn, Schatzmeister BDIA und angestellter Innenarchitekt im Facility Management der ERGO Versicherungsgruppe AG
Erschienen AIT 7/8 2014