“Unser Potenzial wird nicht genutzt!” von Silke Wittmann, room & space, Hamburg

Freenet Lounge, Kiel
Silke Wittmann, room & space, Hamburg; Foto: Jan-Frederik Wäller

Wäre es nicht bereichernd, eine große Bandbreite von Ideen und Konzepten im Wettbewerbswesen auch für die Innenräume zu finden? Bauen im Bestand ist das Hauptgebiet für Innenarchitekten und doch ist die Zulassung für diese Wettbewerbe für Innenarchitekten nahezu nie gegeben.

In den vorhandenen Hüllen der letzten Jahrzehnten oder Jahrhunderten muss mittelfristig der Innenraum neu gestaltet werden, ob Büroflächen aus den 70er Jahren, Schulbauten, Museen oder Privatbauten. Elementarer Teil des Gebäudes beim Bestand ist der Innenraum. Umnutzung oder Modernisierung bieten viele Möglichkeiten – und doch besteht für die Profis kein Zugang. Doch Innenarchitekten würden gerne „im Wettbewerb“ stehen zu Ihren Kollegen, sich messen, lernen, sich weiterentwickeln. Die Planung „Innenräume“ ist oftmals versteckt in der Wettbewerbsaufgabe und der Zugang somit unmöglich, da die übergeordneten Voraussetzungen nicht erfüllt werden können. Die Komplexität der Zugangsvoraussetzungen ist zu groß. Die Möglichkeiten an Wettbewerbsarten sind beeindruckend. Die Anzahl der Wettbewerbe für Innenarchitekten geht jedoch gegen Null.

Auf einer BDIA-Veranstaltung letzten Herbst in Hamburg im AIT Salon wurde dies sehr deutlich. Wir hatten Fachleute eingeladen, die Statistiken vorlegen konnten, Erfahrungen mit Auslobern und der öffentlichen Hand schilderten. Das Ergebnis war ernüchternd: Innenarchitekten sind nicht vertreten. Warum besteht diese Möglichkeit nicht? Es steckt ein so großes Potential auch in der innenarchitektonischen Vielfalt von Entwürfen und Fachwissen – für die Bauherrn, für die öffentliche Hand, für alle, die den Ideenpool aus Wettbewerben nutzen möchten. Und doch wird dieses Potenzial nicht ausgeschöpft.

Und sind Innenarchitekten nicht exakt dafür ausgebildet? Wir haben studiert, sind spezialisiert durch Berufserfahrung, und trotzdem dürfen wir unsere Ideen nicht einreichen. Zaghafte Versuche, uns in Arbeitsgemeinschaften zuzulassen, sind weitestgehend fehlgeschlagen. Innenarchitekturbüros haben somit keine Möglichkeit, Aufträge durch Wettbewerb zu generieren. Die Folgen dieser Realität sind weitreichend für die Qualität von Innenräumen.

Text: Silke Wittmann, room & space, Hamburg
Erschienen in der AIT 6/2015