Versorgungswerke in Zeiten der Finanz- und Staatsschuldenkrise

Innenarchitektinnen und Innenarchitekten leisten Ihre Altersvorsorge nicht in das allgemeine Rentenversicherungssystem, sondern sind Beitragszahler in die Versorgungswerke der Architektenkammern. Die Architektenkammern der Länder teilen sich häufig ein Versorgungswerk (so sind beispielsweise die Mitglieder der Kammern in Schleswig-Holstein, Hamburg und Baden-Württemberg im gleichen Versorgungswerk). Diese Pflichtmitgliedschaft wirft immer wieder die Frage auf, wie gut diese Form Altersvorsorge überhaupt ist und wie sie sich in Zeiten einer europäischen Finanz- und Staatsschuldenkrise bewährt.

Grundsätzlich verbinden die Versorgungswerke der Architekten zwei Finanzierungssysteme miteinander. Ein Teil der Beiträge, die aktive Mitglieder an das Versorgungswerk zahlen, werden für laufende Rentenzahlungen verwandt, mit dem anderen Teil wird ein Kapitalstock gebildet. In welchem Verhältnis diese beiden Standbeine zueinander stehen, legt jedes Versorgungswerk fest bei der Wahl seines versicherungsmathematischen Modells. In der Regel überwiegt der kapitalgedeckte Teil aber bei weitem. Wie gut die Alterssicherung funktioniert, hängt damit einerseits von der Entwicklung des Berufstandes ab, ob also stetig Beitragszahler „nachwachsen“ und wie gut die Anlagenrendite ist. Andererseits ist es entscheidend, wie sich die Lebenserwartung der Mitglieder entwickelt. Hinsichtlich dieser Grundbedingungen werden versicherungsmathematische Annahmen zum „ewigen Zugang“ und der Sterblichkeit getroffen sowie zum so genannten Rechnungszins. Jedes Mitglied eines Versorgungswerkes wird jährlich über seine so prognostizierte Rente informiert.

In Niedrigzinsphasen stehen die Versorgungswerke vor den gleichen Herausforderungen wie alle anderen Kapitalmarktteilnehmer. Die angenommene Verzinsung der Anlagen kann nach einer längeren Niedrigzinsphase korrigiert werden müssen. Lange lag der Rechnungszins bei 4% und konnte problemlos erreicht werden. Überschüsse werden genutzt, um Renten und Anwartschaften zu erhöhen und um Rückstellungen zu bilden – etwa um Niedrigzinsphasen auszugleichen. Da der Rechnungszins nicht nur der Prognose der zukünftigen Leistungen, sondern auch der zukünftigen Zinseinnahmen dient, kann eine Absenkung des Rechnungszinses auch eine Erhöhung des Kapitalstocks notwendig machen. Dies führt dazu, dass auch Renten nicht erhöht werden. Den gleichen Effekt hat die Annahme höherer Lebenserwartungen durch den Versicherungsmathematiker. In jüngster Zeit kumulierten beide Effekte.

Grundlage der Anlageentscheidung
Anlageentscheidungen finden im Rahmen der Vorschriften des stark reglementierenden Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) statt, die die Bundesländer für die Versorgungswerke adaptiert haben.. Investiert wird nach dem Grundsatz der Mischung und Streuung. Es werde verschiedene Anlageformen wie beispielsweise festverzinsliche Wertpapiere, Wertpapierspezialfonds und Immobilien miteinander kombiniert.

Berufsständische Selbstverwaltung
Die Versorgungswerke der Architektenkammern unterliegen der berufsständischen Selbstverwaltung. Das bedeutet, dass über ein entsprechendes Engagement auf die Entwicklung der eigenen Altersvorsorge Einfluss genommen werden kann. Über die Kammerversammlung besteht die Möglichkeit, auf strategische Entscheidungen des Versorgungswerkes einzuwirken. Dort wird über Satzungsregelungen entschieden. Dieser Aspekt der Selbstverwaltung dürfte im Vergleich zur politisch fremdbestimmten Rentenversicherung ein entscheidender Vorteil sein.

Wenn sich auch nicht genau voraussagen lässt, wie hoch die Leistungen sind, die zum Renteneintritt ausbezahlt werden, so ist doch erkennbar, dass Versorgungswerke sehr viel flexibler auf Herausforderungen reagieren können, als Systeme, die sich nur auf ein Finanzierungsverfahren stützen können. Der Fokus liegt vielmehr auf der Frage, welche Auszahlungen langfristig finanziert werden können. Im politischen Entscheidungsprozess der aktuellen Rentenanpassung wird demgegenüber deutlich, dass vorhandene Überschüsse von der Politik nicht nur ausgegeben, sondern Lasten ungeniert in die Zukunft verlagert werden.
Die Kapitaldeckung bedeutet, dass letztlich jeder Beitragszahler die wirtschaftliche Grundlage für seine Alterssicherung selbst schafft, ein Gedanke, der gerade Freiberuflern sehr nahe ist.

Constantin von Mirbach, BDIA Bundesgeschäftsführer
Erschienen AIT 1/2 2014

Informieren Sie sich direkt bei den Versorgungswerken der Architektenkammern:

  • Baden-Württemberg, Hamburg und Schleswig-Holstein: www.vwda.de
  • Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz: www.bayerische-architektenversorgung.de
  • Berlin und Brandenburg: www.architektenversorgung-berlin.de
  • Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Saarland: www.vw-aknrw.de
  • Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen: www.vwaks.de