Zuhause ist nicht mehr nur der Ort an dem wir die Nacht verbringen
Inspirierende Worte von Pia A. Döll, Präsidentin des bund deutscher innenarchitekten e.V.
Gerade in Zeiten der verordneten Minimierung sozialer Kontakte wird unser Zuhause mehr denn je ein Ort, an dem wir nicht nur die Nacht verbringen. Homeoffice ist angesagt, Wohnen und Arbeiten verschmelzen zunehmend, die Digitalisierung macht es möglich. Es ist meistens nicht mehr nachvollziehbar und spielt auch oft keine Rolle, an welchem Ort sich der Gesprächspartner gerade aufhält oder von wo die E-Mail abgeschickt wurde. Unser Leben ist derzeit zwar eingeschränkter, aber individueller und mobiler als je zuvor. Doch egal wie mobil, die Menschen schätzen ihre eigenen vier Wände. Das kann für die ganz Mobilen oder die digitalen Nomaden auch ein Hotel sowie ein Serviced Appartement sein. Je nachdem, in welchem Lebensabschnitt wir uns befinden, möchten wir gerne ein Haus mit Garten, eine Wohnung mit Balkon oder das Studi-Zimmer in der Vierer-WG.
Die Relevanz zum Thema Klimaschutz wird nicht weniger und der Gebäudesektor ist ein enorm wichtiger Bestandteil zur Minimierung des CO2-Ausstoßes. Auch Zuhause können wir im Alltag mehr erreichen: Nicht sofort alles entsorgen, nur, weil es nicht mehr gefällt.
In Zukunft werden wir noch stärker auf nachhaltige Materialien achten und nach regionalen Produkten fragen. Unsere Häuser und Wohnungen selbst sind immobil – die Innenräume sind dagegen flexibel umzugestalten, wenn die Innenraumplanung bewusst solche Situationen in Erwägung zieht. Die Aufmerksamkeit dafür und oft auch die finanziellen Mittel sind gewachsen, um unser Zuhause nach unseren Wünschen zu gestalten. Ein weiterer Faktor ist auch: Die wenigsten Menschen können sofort umziehen, wenn mit der Geburt der Kinder mehr Platz in der eben noch völlig ausreichend großen Pärchenwohnung benötigt wird.
Intelligente Raumlösungen zu entwickeln, die sich auf viele Lebenssituationen anpassen lassen ist eine Kernkompetenz der Innenarchitekten: eine Kombination aus Kunst und Handwerk.
Für uns Innenarchitektinnen und Innenarchitekten ist es eine geliebte Pflicht, Trends zu verfolgen und sich inspirieren zu lassen. Es gehört zu unserem Beruf, stets auf dem neuesten Stand zu sein, neue Produkte zu kennen und mit Trendfarben oder neuesten Stoffdekoren zu arbeiten. Aber wir wissen auch: Einrichtungstrends sind Geschmackssache, persönliche Vorlieben und eigene Bedürfnisse sollten nicht wegdiskutiert werden. Der einen raubt eine rote Wand im Schlafzimmer den letzten guten Schlaf, andere regt es an und sie finden entspannte Ruhe. Es gibt bei Einrichtungstrends kein pauschales richtig oder falsch, sondern es zählt: Was brauchen die Nutzer, um sich im eigenen Zuhause wohl zu fühlen? Braucht man eine
Arbeitsecke mit klassischem Schreibtisch und Chefsessel oder nur einen kleinen Tisch für den Laptop? Dann könnte dieser Tisch auch ein Mid-Century-Stück vom Flohmarkt sein – oder das neueste Trendelement.
Das eigentliche Kunststück ist die richtige Aufteilung für die Nutzung des Raums mit der Frage nach der richtigen Einrichtung. Hier unterstützen Innenarchitektinnen und Innenarchitekten den Nutzer. Innenarchitektur ist kein Luxusgut, sondern dient den Menschen, sich in den Räumen wohl zu fühlen.
Über 80 Prozent der Lebenszeit verbringt der Mensch in Innenräumen, ob Büro, Wartezimmer, Restaurant, Hotel, Kirche, Schule und eben zu Hause.
Herauszufinden, was wo im Raum sein sollte, im Zusammenspiel mit dem Licht, dem Boden und den Wänden, ist eine Aufgabe, die mit Innenarchitektinnen und Innenarchitekten zuverlässig und kreativ gelöst wird.