Vier gewinnt – zusammen mehr erreichen!

Im vergangenen Jahr organisierte die AKNW eine Veranstaltung mit dem Titel „Vier gewinnt – praxisorientierte Zusammenarbeit der vier Fachrichtungen: ein Erfahrungsaustausch“. Zwei unserer Mitglieder nahmen als Speaker an der Veranstaltung teil und schilderten Ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den vier Fachrichtungen, in die sich die Architektur aufteilt.

Jutta Hillen ist seit 2016 Mitglied im Vorstand des bdia NRW und Geschäftsführerin des Büros „Hillen ID“. Gritt Bartels ist Mitglied in der Vertreterversammlung der AKNW und Geschäftsführerin von Ihrem Büro „Bartels & Klang GbR Innenarchitektur“.

Für das DAB erzählten mir die zwei noch einmal von Ihren Erfahrungen und den Vorteilen der Zusammenarbeit.

Worin seht ihr den Mehrwert aus der Zusammenarbeit der vier Fachrichtungen Innenarchitektur, Architektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung?

Jutta Hillen: „Jede der vier Fachrichtungen beinhaltet ein umfangreiches und stark spezialisiertes Aufgabengebiet. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit, die Bündelung der Kompetenzen jeder Fachrichtung, führt zu besseren, ganzheitlichen, nachhaltigeren, wirtschaftlicheren Konzepten und Ausführungen.“

Gritt Bartels: „Das Aufgabenfeld der Architektur ist unglaublich komplex und unterteilt sich nicht umsonst in vier Fachrichtungen. Diese Spezifizierungen innerhalb eines Projektes zu bündeln steht für Weitsicht und Effizienz und wird sich letztendlich immer am Ergebnis ablesen lassen.“

Wie habt ihr die Zusammenarbeit im Projekt wahrgenommen? War es ein nebeneinander – hintereinander oder miteinander arbeiten?

Jutta Hillen: „Die Zusammenarbeit in den Projekten ist im besten Fall ein frühzeitiges Miteinander. Das heißt, dass jede Fachdisziplin mit den speziellen Kompetenzen sich sehr frühzeitig einbringt und den Entwurf des Gebäudes, des Quartiers der Anlage etc. von Beginn an  mitgestalten kann. So werden nachträgliche Anpassungen und Änderungen vermieden und schon zu einem frühen Zeitpunkt der optimale Gesamtplan erstellt. Das spart Zeit und Kosten und erhöht die Planungssicherheit.“

Gritt Bartels: „Es gibt unterschiedliche Erfahrungen, von Kompetenzgerangel bis hin zu sinnvoller Ergänzung. Grundsätzlich war das Veto nach Fertigstellung der Interdisziplinären Projekte mehr als positiv. Alle haben auch voneinander profitiert und viel dazugelernt.“

Inwiefern hat die Zusammenarbeit das Ergebnis des Bauvorhabens beeinflusst?

Jutta Hillen: „Aus der innenarchitektonischen Sichtweise heraus ergeben sich häufig Planänderungen- und Verbesserungen, um die Nutzung der Räume optimal zu gewährleisten. Das beeinflusst natürlich die gesamte Gebäudeplanung.“

Gritt Bartels: „Wenn ein Zusammenspiel nicht miteinander, sondern erst nacheinander erfolgte, bedingte es mitunter eine Überarbeitung der Erstplanung. Diese Erfahrung haben wir bei einem Neubauprojekt gemacht, mit dem Ergebnis, das der bereits erfolgte Baufortschritt eher zu Kompromisslösungen bei der Planungen führte.“

Was habt ihr aus der Zusammenarbeit gelernt?

Jutta Hillen: „Gegenseitige Wertschätzung der Einzeldisziplinen ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Wichtig ist, dass der rote Faden als Grundkonzept gemeinsam erarbeitet wird und durch das Projekt trägt. Der Rest ist gute Kommunikation.“

Gritt Bartels: „Das es am Ende zu einem, für ALLE am Bauvorhaben Beteiligten, besseren Ergebnis führt.“

Wo seht ihr bisher ungenutztes Potential?

Jutta Hillen: „Überall da, wo anspruchsvolle Projekte geplant und umgesetzt werden sollen, sollte die Bündelung der Kompetenzen der Fachrichtungen selbstverständlich sein.“

Gritt Bartels: „Das nicht allen vier Fachrichtungen in Gänze klar ist, wo die eigentlichen Kernkompetenzen liegen und somit nicht jeder Blickwinkel genutzt wird.“

Gab es auch Reibungspunkte in der Planung, bei denen länger diskutiert werden musste?

Jutta Hillen: „Reibungspunkte weniger, aber natürlich Abstimmungsbedarf und regelmäßige Kosten – Nutzen Gegenüberstellungen.“

Gritt Bartels: „Die fachliche Diskussion hat eher zu schnelleren Lösungen geführt.“

Wie können wir dafür sorgen, dass in Zukunft mehr Projekte ganzheitlich und gemeinsam geplant werden?

Jutta Hillen: „Indem wir selbst die Bauherren ermuntern, mit und in interdisziplinären Teams zu arbeiten. Der Bedarf sollte in erster Linie auf Bauherrenseite geweckt werden. Zudem sollten wir gelungene Gemeinschaftsprojekte vermehrt an die Öffentlichkeit bringen und somit auch Fachkollegen sensibilisieren.“

Gritt Bartels: „Hier kann ich Jutta nur zustimmen!“

Wie ist die Zusammenarbeit zustande gekommen? War dies ein ausdrücklicher Wunsch des/der Bauherr:in?

Jutta Hillen: „Das ist unterschiedlich. Zum Teil werden wir von den Hochbaukollegen ins Projekt geholt. Teils geht der Wunsch initiativ von den Bauherren aus und der/die Innenarchitekt:in ist der erste Planer im Projekt. So kann es umgekehrt sein, dass wir nach Bedarf v.a. Hochbaukolleg:innen und Landschaftsarchitekt:innen  in das Projekt holen.“

Gritt Bartels: „Die Zusammenarbeit kommt in der Tat aus unterschiedlichen Beweggründen zu Stande. Oft ist es Bauherrenwunsch, die Innenraumkonzeption durch Innenarchitekt:innen planen zu lassen, unabhängig davon, ob der/die Hochbauarchitekt:in schon vor Ort tätig ist. Letztendlich entsteht Architektur nur im Team.“

Vielen Dank euch Beiden für eure Zeit und die interessanten Einblicke in die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams. Unterm Strich lässt sich aus euren Erfahrungen deutlich heraushören, dass „Vier gewinnt!“.

Sie haben Fragen an die beiden Interviewten? Dann schreiben Sie mir gern unter kolumne@bdia.de

Charleen Grigo