Erster Online-Innenarchitektentag der AKBW mit vielen Impulsen für mehr Sicht- und Wirksamkeit

Erster Online-Innenarchitektentag der AKBW mit vielen Impulsen für mehr
Sicht- und Wirksamkeit

„Wettbewerbe für Innenarchitekt:innen sind wie Schneeleoparden: sehr selten und
wenn man sie sieht, schwer zu fassen.“ René Pier, Vertreter der Innenarchitektur im
AKBW-Landesvorstand, wählte ein markantes Bild, um den IST-Zustand zu
beschreiben: Wettbewerbe, die sich explizit an Innenarchitekturbüros richten, gibt es
so gut wie keine. „Wettbewerbe erfolgreich mit Innenarchitekt:innen“ war der erste
Online-Innenarchitektentag am 17. Juni 2021 überschrieben. „Eine Feststellung oder
eine These mit Fragezeichen?“, stellte AKBW-Pressesprecherin Gabriele Renz in
den Raum, um am Ende der fünf Stunden Talk, Impulse, Diskussion festzustellen,
dass die Innenarchitektur als jener Planungsdisziplin, die Räume von innen nach
außen denkt, von der künftigen Nutzerperspektive zur Hülle, alle Chancen auf eine
erfolgreiche Zukunft hat.

„Heutzutage kann man Architektur nicht mehr in Einzeldisziplinen denken. Wir
müssen im Team arbeiten. Das bringt die beste Lösung“, war Kammerpräsident
Markus Müller überzeugt. Wettbewerbsauslober – meist Städte, Kommunen oder
kommunale Gesellschaften – schenkten der Innenarchitektur oft wenig Beachtung.
Und dies „obwohl laut Gesetzgeber Wettbewerbe die beste Lösung für eine
Bauaufgabe liefern“, betonte Kammer-Justiziar Dr. Eric Zimmermann. Die RPW2013
enthalte ausdrücklich eine Sollvorschrift verbunden mit der Maßgabe, „in geeigneten
Fällen“ Innenarchitektur hinzuzuziehen. Im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung
(GWB) lege der „Kernparagraf“122 aber lediglich „Eignung“ als Kriterium fest, bei
einem Wettbewerb teilnehmen zu können. „Wer sagt eigentlich, dass sich
Innenarchitekturbüros nicht trotzdem bewerben können, auch wenn sie nicht
ausdrücklich erwähnt sind?“

„Bauen im Bestand“ war unausgesprochen die große Überschrift über dem
Innenarchitekt:innentag, der seinen Vorlauf in einem durch die "Task-Force IA"
(Andreas Hegenbart, Brigitte Banzhaf, Sylvia Mitschele-Mörmann, Christiane von der
Linde, Ramona Paar) konzipierten Informationsflyer hatte und in die Erarbeitung
dieser monothematischen Online-Veranstaltung zu Wettbewerben mündete.
„Suchen Sie sich eine Nische“, riet der Keynote-Speaker Jochen Usinger (UKW
Architekten, Krefeld), dessen anfänglich kleines Büro über den Wettbewerbserfolg
einer erfolgreichen Bibliotheksplanung „in eine andere Liga“ katapultiert wurde und
heute bei einschlägigen Auslobungen in den Genuss einer gesetzten Teilnahme
kommt. „Innenarchitekten sind Experten für Bauen im Bestand – es weiß bloß
niemand!“, so Usinger und ermutigte zur Renitenz, wenn ein Auslobungstext die
Innenarchitektur „vergesse“, obwohl die Planungsaufgabe dies eindeutig nahelege.
Sich nicht selbst zu verzwergen, riet Usinger. Aber auch, flexibel zu sein und
zeitweilige Bewerbergemeinschaften einzugehen.

Gerd Grohe und Hubert Schmidtler, beide erfahrene Wettbewerbsbetreuer und in der
Strategiegruppe Vergabe und Wettbewerb der Architektenkammer, rieten zu
„strategischen Partnerschaften“. Die sogenannte große Bauvorlageberechtigung, die
die Innenarchitektinnen und Innenarchitekten in Baden-Württemberg im Unterschied
zu NRW nicht erlangen können, hält Usinger für überschätzt. Er habe noch nie eine
gebraucht, weil sein Büro zur Umsetzung von Planungen mit Architekturbüros

zusammenarbeite. Entscheidend sei, dass die Innenarchitektur in den
Auslobungstexten als selbstverständliche Anforderung erwähnt werde. „Künftig wird
es heißen: Plus IA“, so Grohe. Wettbewerbsbetreuern wie Lothar Fricke, LBBW
Immobilien Kommunalentwicklung, komme eine Schlüsselrolle als „Türöffner“ zu,
indem sie die Auftraggeber in einer sehr frühen Planungsphase, schon beim Design
Thinking, vom Mehrwert einer Beteiligung von Innenarchitektur überzeugten. „Man
muss es geradezu schmackhaft machen“, so Fricke. Und Schmidtler: „Das ist auch
ein Thema der Niederschwelligkeit.“ Die Kernfrage, die lange vor der Vergabe, also
in der ominösen „Phase 0“ immer wieder gestellt werden müsse: Was bringt etwas
für diese Aufgabe?

An vielen Schrauben sei zu drehen, so Innenarchitektin Andrea Männel aus Berlin.
Der Zukunft gehöre jedoch der Planung im Diskurs. Vorstand René Pier zog am
Ende ein Resümee der Zuversicht: „Wir nehmen mit aus diesem
Innenarchitekt:innentag: Wenn man an Wettbewerben teilnehmen will, finden sich
Mittel und Wege, proaktiv eine Teilnahme zu erwirken. Man kann nicht immer
gewinnen, aber man wird Teil des Systems. Man benötigt wie im Sport Training und
Ausdauer, doch der Platz ganz oben auf der Siegertreppe entschädigt den
vorherigen Einsatz. Alle, die diese Erfahrung reizt, sollten jetzt damit beginnen. Die
AKBW unterstützt dieses Begehren gerne.“

Gabriele Renz, Pressereferentin der AKBW.