Berufswunsch: Innenarchitekt/in
Es ist doch ganz einfach: Junge Menschen haben den Berufswunsch Innenarchitekt. Dabei ist es egal, ob sie bereits den gesamten formalen Weg bis hin zum geschützten Titel kennen (müssen). Nein, aber wir in Ausbildung, Praxis, Berufsverbänden sowie Kammern Tätigen und Engagierten haben mit unserer Erfahrung die Verpflichtung, unserem beruflichen Nachwuchs alle Möglichkeiten des Berufsweges darzulegen und zugänglich zu halten. Diese Verpflichtung ergibt sich zwingend aus dem uns zugestandenen Privileg der beruflichen Selbstverwaltung.
Seit Bologna werden Chancen vertan, zumindest deutlich erschwert. Zu Lasten der jungen Leute, nicht der etablierten Innenarchitekten! Gleichzeitig wird in wohlklingenden Beschreibungen über neue Berufsfelder philosophiert, die angeblich nur auf den Bachelor als ersten berufsqualifizierenden Abschluss gewartet haben. Das ist Ablenkung. Neue Arbeitsfelder hat es schon immer gegeben, und sie wurden von Innenarchitekten besetzt.
Privilegien immer wieder neu erarbeiten!
Natürlich muss sich ein Berufsbild ständig weiterentwickeln, aber deshalb verschiebt man doch nicht die Fundamente. Wir sollten sehr darauf achten, Privilegien eines freien Berufes nicht als selbstverständlich, sondern als immer wieder neu zu erarbeiten zu verstehen. Nicht alle Entscheidungen der großen Politik sind weise (siehe Bologna), deshalb müssen wir umso mehr mit Sachverstand um die Facetten unseres Berufes ringen. Ich bin stolz, dass wir hier gemeinsam viel erreicht haben. Aber gleichzeitig steht auch immer wieder viel auf dem Spiel! Und im Bereich der Ausbildung treffen ungeklärte Probleme leider diejenigen, die am wenigsten darauf vorbereitet sind. Häufig eben auch erst später, nach dem Studienabschluss. Hier ist in erheblichem Maße mehr dauerhafte Verantwortung gegenüber unserem beruflichen Nachwuchs zu übernehmen, was bei den Lehrenden mit persönlichem Überblick und Kenntnis von Gesamtzusammenhängen zwingend einhergehen muss.
Ich habe bisher noch keine jungen Leute getroffen, die als Berufswunsch Bachelor oder Master nannten. Aber immer die, die Innenarchitekt/in werden wollen. Dass sie dieses Ziel erreichen können, dafür müssen wir gemeinsam arbeiten.
Martin Müller, Vizepräsident Bundesarchitektenkammer
Erschienen AIT 5/2014