“Wenn ich mit dem Raum sprechen kann” von Jana Vonofakos, bdia hessen

Von datenbasierter Handwerkskunst, empathischen Homepods und virtuellen Welten: Wie digitale Tools unsere Arbeit als InnenarchitektInnen verändern.
Und uns ermöglichen, individuelle Produkte wie Teppiche, Tapeten, Möbel und Leuchten anfertigen zu lassen. Diese Individualität ist das Herzstück unserer Arbeit.
Und das können wir zusammen mit unseren Kooperationspartnern mithilfe digitaler Tools umsetzen.


Balance zwischen handmade und digital

Zwei Beispiele: Für das Hotel Landhaus Wachtelhof, ein Luxus-Boutique-Hotel, das zwischen Hamburg und Bremen liegt, haben wir eine besondere Tapete von einem Illustrator entwerfen lassen. Wir haben damit die Wachtel, eingebettet in ein orales Ambiente, als Leitthema des Hotels aufgegriffen.

Ein anderes Beispiel ist das Hotel Park Inn in Frankfurt am Main, für das wir spezielle Neon-Leuchtschriften anfertigen ließen. Die Schriften wurden originär vom Hoteldirektor mit Füller geschrieben, anschließend digital erfasst und von einem Glasbläser gebogen. Die Schriften sind sehr präsent in Lounge und Empfang ein- gesetzt und verleihen der Atmosphäre einen besonderen, persönlichen Charakter. Ein Blickfang, zu dem man dem interessierten Gast eine Geschichte erzählen kann. Auch das undenkbar ohne digitale Tools. Und ein schönes Beispiel dafür, wie handwerkliche Arbeit und die Welt der Algorithmen zusammengehen können.

Smart Home ist ein großes Thema in unseren Hotel Interiors. Klassische Hotels wie der Wachtelhof zum Beispiel implementieren Haussteuerung in den Zimmern, die sich auch von der Rezeption aus bedienen lässt – der Gast soll davon wenig sehen und mitbekommen. Wenn die Sonne zu stark scheint oder der Wind zu heftig weht, werden die Jalousien heruntergefahren. Sobald der Gast ankommt, weiß das Personal dank des digitalen Systems, welche Vorlieben der Gast hat und kann darauf reagieren. Das passiert alles „unsichtbar“. 5-Sterne-Herbergen wie der Wachtelhof wollen Technik explizit nicht offensichtlich integrieren, da sie den Aufenthalt „menschlich“ gestalten möchten. In Berührung sollen die Gäste nur mit den Mitarbeitern kommen, deshalb wird die vorhandene Technik und Digitalisierung dezent verborgen. Andere Hotels wiederum, die eine junge und businessorientierte Zielgruppe ansprechen, wollen durch Technik ins Gespräch kommen und zeigen diese bewusst.

Homepods für einen entspannten Gast

Sprachsteuerung per Homepod ist ein wichtiger, neuer Trend. Prognosen zufolge werden Geräte wie Alexa oder Siri vermehrt in unser Zuhause einziehen. Google hat seinen Assistenten auf allen seinen Geräten bereits implementiert. Abgesehen von der gerade stark diskutierten Thematik um Datenschutz und Privatsphäre bringen diese Geräte mit ihrer „empathische Technologie“ viele Vorteile. Ich kann mit dem Raum sprechen, mit dem Haus, mit dem Gebäude – und bekomme eine Antwort. Wir werden Räume neu planen und denken mässen, denn diese kommunizieren und interagieren mit uns. Wir befinden uns gerade an einem Wendepunkt.

Und auch wir hier im Büro schauen auf neue digitale Prozesse, die unser Arbeiten fluider und effizienter, zudem kreativer und vielfältiger gestalten können. Wir arbeiten mit eigenen leistungsstarken Servern, worauf meine Kollegen und ich von überall aus zugreifen können, sodass ortsungebundenes Arbeiten möglich ist. Damit steht dem Homeoffice nichts im Wege und alle Mitarbeiter haben extraschnelle „Tunnel“, die sie mit unseren Daten verbinden. Das funktioniert reibungslos.

Ziel: intuitive Bedienbarkeit

Virtual Reality ist das andere Thema, das uns im Moment beschäftigt. Wir testen gerade, inwieweit Virtual Reality uns helfen kann, unsere Ideen dem Bauherrn zu vermitteln. Ob sie wirklich den Kunden überzeugen, ihm die Unsicherheit nehmen kann, wie es oft so schön heißt, werde ich noch sehen. Durch simulierte Räume wandeln, Objekte und Wände verschieben, Ausführungen von Möbeln und Einbauten oder Oberflächen und Lichtsituationen ändern – das wäre fantastisch! Da wir auch fotorealistische Renderings aus Gründen der Effizienz außer Haus machen lassen, könnte ich mir vorstellen, auch diese Leistung auszugliedern.

Auch Augmented Reality kommt in Frage – allerdings sind die bislang angebotenen Apps wie Pair, die eine kleine Auswahl von Möbeln bekannter Marken wie Herman Miller bietet, oder der App des Einrichtungshauses Ply aus Hamburg noch zu sperrig für mich, um sie beim Kunden anzuwenden. Es kommt auf die intuitive Bedienbarkeit der Software an, auf richtige Größenverhältnisse und natürlich auf die Produktauswahl – und die Möglichkeit, diese zu individualisieren. Sollte das gelingen, gehöre ich in diesem Fall dann sicher zu den „Early Adoptern“.

Jana Vonofakos, VRAI interior architecture, Frankfurt am Main
Der Artikel erschien ungekürzt im bdia Handbuch Innenarchitektur 2018/19.

www.parkinn.com/airporthotel-frankfurt